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Cycling Hawaii – Teil 2: Big Island & die Vulkane

Big Island/ Hawaii

Hawaii. Ein Begriff, der bei jeder Reiseplanung unweigerlich für leuchtende Augen sorgt. Traumstrände, zerklüftete Küsten, Vulkane, Palmen und ganz viel Sonne fallen den Meisten als Stichworte dazu ein. Ganz zu schweigen von den typischen Hawaiianischen Tänzerinnen und Tänzern mit ihren schicken Blumenkränzen, dem sogenannten „Lei“, auf dem Kopf.

Aloha und willkommen beim zweiten von drei Teilen meiner Artikel-Reihe „Cycling Hawaii“. Träumen ist erlaubt. Auch von Extremen. An eines habe ich mich herangewagt und einen der anstrengendsten Rides in meinem Leben gefahren. Die Erfahrung, die mich sehr deutlich an meine Grenze brachte und mir zeigte, dass die Natur um so vieles stärker ist als der Mensch.

Welcher Radfahrer sich auch immer in das Paradies des hawaiianischen Archipels im Nirgendwo im Pazifik aufmacht, dem wird hier diese kleine Hilfestellung bestimmt gefallen. Tipps und Links gibt es dazu wieder am Ende des Berichts.

Karte: ISTOCKphoto

Big Island & die Vulkane

Big Island ist, wie der Name schon sagt, mit etwa 10.500 Quadratkilometern größte und auch jüngste Insel Hawaiis. Sie bietet atemberaubende klimatische und landschaftliche Unterschiede, die ihresgleichen suchen. Während die Ostküste, an der auch die Hauptstadt Hilo liegt, recht regenreich ist, herrscht auf der Westseite dagegen meist Sonnenschein über der groben, schroffen und trockenen Lavalandschaft vor. Das zieht natürlich Touristen an, die dort auf teilweise herrlich weiße Sandstrände an der Küste treffen. Dazu befindet sich in Kailua-Kona der Start des weltberühmten Ironman.

Der Norden der Insel ist ebenfalls leicht regnerisch, doch gibt es hier eine der größten Ranches der gesamten USA! Die bereits im Jahre 1847 gegründeten Parker-Ranch in Weimea hat eine Größe von 900 km²! Rund 60.000 Rinder bietet die Weidelandschaft Platz.

Big Island besteht aus fünf Vulkanen. Der Kilauea gehört zu den aktivsten Vulkanen der Welt! In seinem Inneren bildet sich seit 2020 erneut ein Lavasee. Irgendwann wird die Lava wieder ausbrechen, einen Lavastrom bilden und neues Land formen. Ein über Jahrmillionen geführter Prozess, in dessen Zuge die hawaiianischen Inseln entstanden.

Cycling Hawaii
Blick in den Sonnenuntergang über den Wolken vom Mauna Kea, rechts die Observatorien.

Einer der bekanntesten Vulkane ist der Mauna Kea. Unterhalb der Wasseroberfläche ist er bereits rund 6000 Meter hoch, dazu kommen noch weitere 4205 sichtbare Meter über dem Meeresspiegel. Nimmt man es ganz genau, ist er sogar sagenhafte 17.000 Meter hoch! Denn sein eigentlicher Fuß ist aufgrund des Gesamtgewichts in den Meeresgrund eingesackt! Unfassbare Zahlen.

Auf der Spitze befinden sich einige Observatorien von staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen. Geführte Bus-Touren am Abend dort hinauf, um den Sonnenuntergang und den spektakulären Sternenhimmel zu bewundern, gehören zu den absoluten Highlights eines Hawaii-Besuchs. 

Doch Respekt sollte man unbedingt für die hawaiianische Kultur mitbringen, denn der Mauna Kea gilt als heiliger Berg. Die Hawaiianer glauben daran, dort oben mit ihren Vorfahren in Verbindung treten und nach dem eigenen Tod mit den lebenden Verwandten zusammen kommen zu können.

Direkt gegenüber und quasi wirklich auf der anderen Straßenseite liegt der Mauna Loa. Mit einer Höhe von 4170 Metern unwesentlich niedriger, als sein Nachbar. Der sogenannte Schildvulkan sieht bei Betrachtung wie eine monumentale überdimensionierte Pyramide aus. Er wirkt imposant und einschüchternd. Und das kommt nicht von ungefähr…

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Direkt zu Beginn erst einmal Wind in die Fr…!

Extreme 

…denn ich habe mich auch hier an den Aufstieg mit dem Gravelbike gewagt. Und wer gedacht hat, mein Erklimmen des Haleakala auf Maui war schon krass, dem muss ich leider sagen, dass dieser Aufstieg noch eine Schüppe „Krass“ obendrauf gelegt hat. Hier meine Geschichte:

Es ist früher Morgen, die Sonne ist bereits erwacht. Ein mir unbekanntes Vogelgezwitscher im Baum neben dem Balkon der Wohnung im ersten Stock lässt einen guten Tag erahnen. Ich frühstücke, um gestärkt und mit genug Energie auf den Mauna Loa zu gelangen.

Das Höhenprofil der Strecke habe ich lange studiert, um einen Punkt auf der Tour zu finden, wo es wenigstens für eine kurze Zeit einmal ein Stück gerade zu fahren geht. Doch die Route kennt nur einen Weg: nach oben! 82 Kilometer klettern. In Worten zweiundachtzig! Da kommt mir schon der Gedanke, warum ich das überhaupt mache? 

Ich könnte mich einfach wieder ins Bett legen, von kühlen Drinks und gutem Essen träumen. Mich Nachmittags in der Sonne aalen. Aber nein, ich muss ja unbedingt wieder einen raushauen. Und ja, ich mache das nur für mich. Weil ich Lust dazu habe, meinen Horizont erweitern möchte, meine Komfortzone verlassen will und eigene Grenzen verschieben möchte.

Nach fünf gefahrenen Kilometern bin ich gefühlt praktisch schon am Ende meiner Kräfte, habe mal so gar keine Lust mehr, die Schnauze richtig voll und sch… auf meine verschiebbaren Grenzen. Der Grund, fast so schnell aufzugeben ist der unfassbare Gegenwind, als ich mich von Waikoloa auf die gleichnamige Straße in südöstliche Richtung aufmache. 

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Kein gutes Zeichen.

Ich fluche, wie ein Rohrspatz. Schimpfe auf den heimtückischen und hinterhältigen Wind, der mir die Energie dermaßen aus dem Laib pustet, dass ich kurz davor bin aufzugeben. Mein Schreien hört in dieser Gegend niemand. Außer wildlebende Ziegen, die hier auf der Insel gerne an den Straßen herumlungern. Dazu später jedoch noch mehr.

Ich habe die weiße Fahne schon in der Hand, doch noch wedel ich mit ihr nicht über meinem Kopf. „Reiß dich zusammen“, schießt es mir durch den Schädel. „Kämpfe nicht gegen den Wind, sondern passe dich seinen Launen an“, zuckt es mir im Gehirn. Was für ein Spruch. Doch eine kleine mentale Hilfe, um noch einen Kilometer und noch einen weiterzufahren.

Und plötzlich, an dieser eigentlich schönen Straße, mit trockenen Grasflächen zu beiden Seiten und wenigen kargen Bäumen steht dort an solchem angelehnt ein weißes Fahrrad! Ich zucke zusammen. Der Seitenstreifen ist so breit und doch hat es hier, wo gar nicht so viel Verkehr ist, jemanden erwischt. 

Betrübt trete ich weiter in die Pedale. Es soll mir eine Warnung sein. Aufpassen auf diesen Straßen heißt die Devise. Mir steht nur der Seitenstreifen zur Verfügung. Als ich in südliche Richtung auf den Mamalahoha Highway abbiege, ist der zum Teil sehr schmal und unangenehm zu fahren. Dafür schiebt der Wind mich jetzt dermaßen kräftig an, dass es eine Freude ist.

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Nicht gerade einladend ist dieser Seitenstreifen. Schon gar nicht, wenn die Autos von hinten kommen.

Die Freude währt nicht lange, denn ich biege nach wenigen Metern schon wieder in östliche Richtung ab, auf den Daniel K. Inouye Highway. Da habe ich wieder wesentlich mehr Platz, es geht aber dafür steiler bergauf. 

Die Einöde beginnt hier. Immer mit weitem Blick geradeaus die Straße hinauf, die so noch viel steiler wirkt, als sie eh schon ist. Es ist mittlerweile ziemlich heiß geworden. Ich muss regelmäßig Wasser zu mir nehmen. Trinken ist das A und O. Die einzige Stelle, um Trinkwasser aufzufüllen ist an der Gilbert Kahele Recreation Area, einem Rastplatz, wo es frisches Wasser aus einem Spender und dazu Toiletten gibt. 

Vulkane in Sicht

Bis dahin ist es noch ein ganz Stück, das Tempo ist nicht sehr hoch. Ich muss mit meinen Kräften wirklich haushalten. Manchmal wundere ich mich, warum das plötzlich hier so stinkt. Ein süßlicher Geruch steigt mir in die Nase. Ich frage mich, was die LKWs übles geladen haben müssen, die in dem Moment an mir vorbeifahren.

Doch dann sehe ich den wahren Grund für den Gestank am Zaun am Straßenrand liegend. Ziegenkadaver! Aufgedunsen. Skelettiert. Halb verwest. Ich muss schlucken. Überfahren von Autos und LKWs, liegen sie dort immer wieder am Rand. Es gibt hier keine Straßenbeleuchtung. Nachts im Dunklen sieht man rein gar nichts auf dieser Asphaltpiste oder erst viel zu spät. 

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Diese Ziege hat es nicht geschafft.

Die Ziegen sind überall am Rande der Straßen zu finden, auch ich entdecke sie öfters streunend umherlaufend oder im Schatten der knorrigen Bäume liegend. Dass sie natürlich auch die Straße überqueren, liegt auf der Hand. Nicht jede von ihnen schafft dieses gefährliche Unterfangen. Am Ende liegt dann häufig der süßliche Duft des Todes über dem Highway.

Die ganze Zeit im Blick habe ich den Mauna Kea, der links vorne mit seinem auslaufenden Hängen präsent ist. Doch dann sehe ich zum ersten Mal in voller Größe den Mauna Loa, der auf der rechten Seite auftaucht. Was für ein Anblick! Ein monströses Erscheinen, das mich etwas mulmig werden lässt. Da will ich rauf? Ich muss verrückt sein! Wie soll ich das denn schaffen? So mächtig thronend über der Landschaft ist der Vulkan furchteinflößend und faszinierend zugleich.

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Kurze Pause an der Recreation Area.

An der Recreation Area, direkt zu Füßen des Mauna Kea gelegen, mache ich endliche einen Stopp! Und hier treffe ich auch auf meine Family. Die fährt nämlich mit dem Auto hinterher beziehungsweise nach der Pause vor. Mein Back Up-Versicherung für alle Fälle. In Anspruch muss ich das „Versorgungsfahrzeug“ hoffentlich nicht nehmen, es ist einfach nur für den Notfall da. Daher will ich so tun, als ob es gar nicht vorhanden wäre. Hilfe außerhalb eines Notfalls ist für mich nicht „erlaubt“. Kommt gar nicht infrage!

Okay, eine Cola am Rastplatz geht dann aber doch. Gebe ich zu. Wir sitzen auf einer Bank im Schatten der Bäume. Meine Poren haben sich geöffnet, der Schweiß rinnt mir am Körper herunter. Es ist heiß geworden. Eine halbe Stunde gönne ich mir als Pause. Das ist auch nicht verkehrt, denn ich befinde mich bereits fast in zweitausend Metern Höhe! Eine Akklimatisierung ist da von Vorteil.

Dann geht es weiter den Highway entlang. Es gibt schönere und spannendere Strecken, aber dies ist der einzige Weg zum Mauna Loa. Nach zehn Kilometern biege ich endlich ab auf die Straße, die mich ganz hoch hinauf führen soll. Die Hilo Kona Road liegt wie locker über die unfassbare Lavalandschaft gelegt. Wie ein ausgerollter Teppich, der nicht gerade gezogen wurde. 

Mit unzähligen Wellen, die teilweise so knackig aus zahlreichen Senken wieder in die Höhe gehen, dass der Wahoo mir manchmal 15, 17 oder auch 20 Prozent Steigung anzeigt! Immer nur für ein paar wenige Meter, aber das lässt mich die Körner verlieren, wie die Sanduhr den Sand.

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Was für eine Ödnis, was für eine bizarre Landschaft! Diverse Lavaströme haben sich hier zu einem Gesamtbild zusammengeschoben, wo mir die Worte zu fehlen. Raues, scharfkantiges Gestein wechselt sich ab mit Lavagestein, das aussieht, wie ein erstarrter ausgelaufener Pudding. 

Abwechslung für den Kopf gibt es hier wenig bis gar nicht. Das ist die größte mentale Herausforderung. Die Körperliche besteht darin, eine Pedalumdrehung nach der anderen zu schaffen, die Kurbel immer weiter im Kreis zu wuchten. Dazu brennen die Muskeln, die Lunge japst nach Luft, die immer dünner wird. Spürbar dünner.

Eigentlich ist mir brühend heiß, doch der Wind in dieser Höhe kühlt massiv. Vorsichtshalber habe ich bereits die Windweste angezogen. Es geht nicht mit und es geht eigentlich auch nicht ohne. Verrückte Gegensätze. Doch diese widrigen Verhältnisse dort draußen darf man nie unterschätzen!

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Einöde.

Das Klettern will einfach nicht aufhören. Es ist unglaublich. Ich fahre so weit im roten Bereich, wie wohl noch niemals zuvor in meinem Leben. Eigentlich bin ich schon lange fertig mit dem Thema Radfahren für heute. Die Quälerei hört nicht auf. Hinter mir türmt sich der Mauna Kea in die Höhe, vor mir klettere ich die gewaltige Flanke des Mauna Loa empor. Meter für Meter. Oder eher Zentimeter für Zentimeter. 

Alles, was ich hier tue, ist ein absolutes Extrem. Die Gefühle fahren Achterbahn. „Krankenhaus oder Podium“, dieser Spruch sagte einst Jens Voigt einmal in der Berichterstattung im Fernsehen zur Tour de France. Er verdeutlicht mir auf erschreckende Art und Weise, was mit mir passieren könnte.

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Ich bin im Tunnel gefangen, ich bin sehr warm und das Wasser ist auch knapp geworden. Das „Versorgungsfahrzeug“ ist längst oben. Hier einen Hitzschlag zu erleiden, ist nicht unwahrscheinlich. Doch finden würde man mich zu spät. Kein Auto, was hier irgendwie vorbeikommen würde. Und auch sonst niemand unterwegs auf diesem makellosen Asphaltband. Eigentlich perfekte Bedingungen, zumindest für jeden professionellen Radsportler.

„Podium“, geht es mir durch den Kopf. „Podium, ja!!!“, als ich dort oben einige hundert Meter das Auto erkenne. „Ich schaffe es“, flüstere ich in der dünnen Luft. Und dann bin ich oben. Hier hört die Straße plötzlich auf, das kleine Observatorium befindet sich etwas unterhalb der eigentlichen Spitze. Nur Wanderer könnten die schroffen Pfade noch weiter hoch laufen. 

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Momente und Gefühle.

3300 Meter hoch! Ich bin total erledigt. Die Gefühle fahren Achterbahn. Ich halte mir die Hände vor Augen und verberge die Freudentränen. Und die der Erschöpfung. Die allerletzten Kräfte mobilisiere ich für das Kaltgetränk in meiner Hand.

Die Aussicht ist überwältigend. Ich kann die ganze Straße hinunterschauen, bis zum Highway! Fast dreißig Kilometer schlängelt sie sich dort hinunter! Auf der anderen Seite schiebt sich der andere Gigant in die Höhe. Ich fühle mich so klein als Mensch, die Natur lässt hier ihre immensen Muskeln spielen. 

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Freude. Und danach absolute Erschöpfung.

Doch in diesem kleinen Augenblick, in diesem winzigen Bruchteil des Momentums, habe ich ihr dieses Erlebnis, dieses Extrem abgetrotzt. Der Ritt auf dem Vulkan. Nicht ohne noch einen Klaps von ihr zu bekommen. Die Abfahrt, die hier jetzt auf mich warten würde, wäre wahrscheinlich mit Abstand die geilste, die ich jemals machen würde. 

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I was there.

Eine kurzes Hinunterbeugen beendet dahingehend alle Ambitionen. Es wird mir kurz schwarz vor Augen. Ich kapituliere vor der dünnen Luft und dem Ende meiner Kräfte. So schön es auch wäre, es ist für mich persönlich in dem Moment die richtige Entscheidung ins Auto zu steigen. Zeige Respekt für die Natur und sie zeigt dir ihr Wohlwollen.

Sieht nach nichts aus, hatte es aber in sich! FOTO: Screenshot STRAVA

Heiliges Land & da, wo Regen, Wind und Sonne wohnen

Wer auf Big Island mit dem Rad fahren möchte, der wird um Höhenmeter nicht herumkommen. Selbst auf der Hauptroute, entlang des Queen Ka’ahumanu Highway, der die Westküste entlang führt, sammeln sich unscheinbare Höhenmeter an.

Bei dieser Radtour bin ich am Pololū Valley Lookout gestartet. Hier liegt das heilige Tal, welches einem tiefen Einschnitt in die Berge gleicht. Es ist für die Hawaiianer heiliges Land, das sollte man bei einem Besuch unbedingt respektieren! Am Eingang am Parkplatz wird extra darauf hingewiesen, dass Fotos bitte nur zur eigenen Erinnerung gemacht werden sollen und nicht in den sozialen Medien gepostet werden sollen. 

Ich bin Gast in diesem Land und respektiere als solcher natürlich diese Wünsche und die Kultur der Menschen. Daher findet ihr von mir kein Foto von diesem wirklich wunderschönen Valley.

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Schöner Start bei Nieselregen.

Das Wetter war bewölkt, zwischendurch gab es immer wieder leichten Nieselregen. An den Berghängen regneten die Wolken ab, die Vegetation war dicht und hüllte die Landschaft in ein sattes Grün. Auf der Straße war wenig Verkehr. Sie führte wellig oberhalb der Küste entlang.

Das ergab schnell eine warme Muskulatur. Das war nicht ganz verkehrt, denn als ich kurz nach Kapaau links in die Kynnersley Road einbog, zog immer mehr Regen auf und es wurde tatsächlich sehr frisch.

Beim Erklimmen der Steigung wurde mir zum Glück warm, denn schon nach wenigen Kilometern war ich völlig durchnässt. Kurzarmtrikot, keine Jacke…ich war also bestens vorbereitet. Also irgendwie gar nicht.  

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Sattes Grün auf der regenzugewandten Seite von Big Island.

Sehr unangenehm wurde es, als ich die dichter besiedelten Ecken verließ und auf mehr Freifläche stiess. Hier machte ich Bekanntschaft mit den heftigsten Winden, die ich während meiner gesamten Reise erleben durfte. Sie kamen von der Seite, aus östlicher Richtung die Hänge hinunter.

Sie fegten mich förmlich aus dem Weg. War ich eh bergauf nicht schnell unterwegs, so fuhr ich in einem ungesunden Winkel, richtig in den Wind hineingelegt, mit knapp 4 km/h vorwärts. Ich konnte es nicht glauben. Was ging hier vor sich? Wie sollte ich so weiterfahren? Es war irre.

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Hier fegte mich der Wind fast von der Straße. Es war unglaublich. So etwas habe ich noch nie erlebt.

Nieselregen erging sich ebenfalls weiterhin über mich. Nein, Spaß machte das in dem Moment nicht. Ich „versteckte“ mich hinter jedem einzelnen Baum an der Straße vor dem Wind. Doch die waren hier rar gesät. Zu meiner rechten erstreckte sich grüne Weidelandschaft hinunter zum Meer. Das konnte ich aber vor lauter Regenwolken und Nebel dort unten nicht erkennen.

Ich fuhr also entlang der Kohala Mountains. Ziemlich genau an der Grenze zwischen den Wolken und tollen Ausblicken die Berge hinab. Trotzt der immensen Anstrengung war die Route an sich sehr schön und abwechslungsreich. 

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Wenn die Sonne durchkam, gab sie eine herrliche Landschaft frei.

Wenn die Sonne sich kurz zeigte, bot sich einem meist direkt eine komplett andere Kulisse. Für Radfahrer ein hartes Stück Arbeit, doch irgendwie auch faszinierend. Die Landschaft wechselte von einem mythischen grau-dunklen Licht bis zum schönsten Urlaubswetter in kürzester Zeit hin und her. Eine verrückt-schöne Szenerie, wo der Wind der Regisseur und der absolute Endgegner war.

Der motorisierte Verkehr hielt sich in Grenzen. Zum Glück. Ich kam vorbei am Farmland der Kahua Ranch. Das vorwiegend saftige Grün der Wiesen täuschte nicht über viele trockene Stellen und verdorrtes Gras hinweg. 

Je weiter ich fuhr, desto besser wurde das Wetter. Dachte ich zumindest. An den frei liegenden Hängen links von mir pfiff der Wind mir so stark um die Ohren, dass ich kurz stehenbleiben musste. Verrückt.

Die Bergflanke hinunter in Richtung Meer ergab ebenfalls immer öfter eine freie Sicht. Ein unglaublich schöner Blick auf die Küste und die Landschaft war das. An einem Aussichtspunkt blieb ich ein paar Minuten stehen. Ich tankte Kraft und ergötzte mich an diesem schönen Fleckchen Erde.

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Je weiter ich wieder in leicht südöstliche Richtung nach Waimea fuhr, desto heftiger wurde wieder der Wind. Die Straße führte mittlerweile leicht bergab. Da, wo ich liebend gerne mal Tempo gemacht hätte, war dies aber absolut nicht möglich. Es war zum Verzweifeln.

So eierte ich eher den Berg hinunter und war froh, als ich endlich etwas geschützter durch die Stadt Waimea fahren konnte. Doch ab hier wurde es endlich rasant. Ich hatte Rückenwind! Über K-I-L-O-M-E-T-E-R!!!

Der Mamalahoha Highway führte mich nun in südliche Richtung. Jetzt war es eine einzige Gaudi. Auch, wenn der Verkehr auf dieser Strecke zunahm und mir nicht viel Platz auf den Seitenstreifen bot. Doch das war in dem Moment egal. 

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Endlich einmal Rückenwind. Und wie!

Weiden rasten an mir vorbei, Rinder waren allerdings nirgendwo zu sehen. Oder ich habe sie übersehen, denn meine Konzentration galt den Straßenverhältnissen. So schön es auch an einigen Stellen ist, man sollte den Asphalt immer (!) im Auge behalten!

An der Waikoloa Road bog ich ab in Richtung Küste. Es ging bergab, der Wind kam indessen etwas stärker von der Seite. Aber es war okay. So erreichte ich zügig Waikoloa Village. Das Bier stand kalt, die Sonne schien und…der Wind lies jetzt nach!

Es war eine schöne, schon leicht irrwitzige Tour gewesen. Verrückt. Wäre Schnee gefallen, hätte mich das auch nicht gewundert. So anstrengend es mit den Windverhältnissen auch war, am schüttelte ich den Kopf, lachte laut und trank das wohlverdiente Bier.

Foto: Screenshot STRAVA
  • Wer auf Big Island viel Wert auf gute Leihräder legt, der ist bei BIKE WORKS KONA bestens aufgehoben. Hier findet man hochwertige Rennräder, Gravelbikes oder MTB’s! Dazu findet man im sehr gut sortierten Shop alles, was das Radfahrerherz begehrt.
  • Routen und Tipps findet man auf der Seite von Hawaiicyclingclub
  • Als Radfahrer muss mein meist auf den Seitenstreifen ausweichen, dort ist Radfahren erlaubt und auch oftmals als „Bike Route“ ausgeschildert. Meist ist dieser recht breit, doch es gibt auch wesentlich engere Stellen, wo man unbedingt auf den Verkehr hinter einem achten sollte!
  • Bei allen Radtouren sollte man darauf achten, immer genug Wasser dabei zu haben! Nicht überall kommt man schnell an Nachschub. Daher vor jeder Tour informieren, an welchen Orten man sich Verpflegung besorgen kann!
  • Achtung vor den Ziegen! Gerade auf der trockenen Seite der Insel sieht man sie immer wieder am Straßenrand umherwandern oder im Schatten liegen. Abstand halten. Meist sind sie aber sehr harmlos.
  • Sonnencreme nicht vergessen. Der teils heftige Wind täuscht manchmal darüber hinweg, wie stark die Sonneneinstrahlung trotzdem ist!
  • Wer den Versuch wagen möchte, die Vulkane zu erklimmen: Immer an die Höhe denken! Die Einheimischen sagen, auf ungefähr 2500 Metern Höhe sollte man sich eine halbe bis Dreiviertel Stunde akklimatisieren, bevor man weiterfährt!

Wer den ersten Teil von CYCLING HAWAII – Maui noch nicht gelesen hat, kann es hier tun.

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