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MOMENTE

Ein Gran Fondo auf dem letzten Drücker

Der Januar. Für viele Radfahrer mittlerweile die Zeit des Jahres, wo es gilt, die nötige Fitness für die „Saison“ auf der Rolle zu bekommen. Dann noch einen Gran Fondo zu fahren? Nicht wirklich. Wo Wind und Wetter störend sind, werden immer öfters kuschelige virtuelle Welten bevorzugt. Ein Blick in den Strava-Feed genügt.

Keine Respektlosigkeit von mir, denn gerade in dieser schwierigen Zeit der Pandemie ist es für viele Radfahrer durchaus nicht leicht, mal eben ab der Haustür loszufahren. Oder in anderen Landesteilen sind die Wetterbedingungen dann doch einfach zu schlecht. Es sei jedem gegönnt, egal wie er es macht. Es gibt nicht nur Schema A nach dem Motto „Das hat dann so zu sein.“ Nein. Jeder, wie er mag. Ob mit Swift, Peloton und dann mit Strava & Co aufzeichnen – Hauptsache Spaß! So muss das!

Für mich persönlich ist diese virtuelle Option allerdings keine Alternative. Mir gefällt es einfach nicht ausreichend und mein Interesse wird nicht genug geweckt. Ich bin dankbar dafür, dass ich hier frei mit dem Rad herumfahren kann. Der Spaß hört bei mir erst auf, wenn es draußen glatt oder total verschneit ist. Okay, bei Gewitter bin ich auch raus. Aber ansonsten bin ich recht schmerzfrei. 

Gran Fondo auf Strava

Das Wetter war im Januar bisher wirklich eher bescheiden gewesen. Grau in grau, Nieselregen oder Schneematsch, dazu oft windig. Nicht unbedingt für lange Strecken geeignet. Einen Gran Fondo auf Strava zu fahren habe ich die ganze Zeit irgendwie vor mir hergeschoben. Am Ende blieb mir nur der letzte Tag des Monats Januar übrig, dazu ein Sonntag. Und das Wetter war perfekt! 

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Kalt, aber sonnig. So kann ein Radfahr-Morgen beginnen.

Knackig kalt mit leichten Minusgraden, aber schön sonnig. Kein Grund sich nochmal im warmen Bett umzudrehen. Nach dem Frühstück ging es dann direkt raus vor die Tür. Wer im Ruhrpott wohnt, der kommt kaum am Rhein-Herne-Kanal vorbei. Ideales einrollen ist dort auf dem begleitenden Radweg gegeben. Vorbei am Berne-Park, einem ehemaligen Klärwerk, welches umgewidmet wurde und heute ein beliebter Ausflugsort ist, fuhr ich in Richtung Osten.

Unweit entfernt liegt in Gelsenkirchen der Nordsternpark. Unterhalb der dortigen Brücke mit den markant roten Bogen, die die Stahlseile halten, fuhr ich weiter geradeaus bis zum ZOOM. Der beliebte Zoo hatte allerdings wie so viele andere Ausflugsziele, Einrichtungen und Geschäfte zurzeit geschlossen. Ab hier ließ ich den Kanal hinter mir und fuhr in die Resser Mark, einem schönen Waldgebiet im Emscherbruch.

Industrie- und andere Kultur

Auf den Wiesen glitzerte das frostige Gras und auf den Wegen knisterte es beim Durchfahren kleiner gefrorener Pfützen. Am Ewaldsee, der bei Bauarbeiten an der nahegelegenen Autobahn A2 entstand und Kühlwasser für die angrenzende, ehemalige Zeche Ewald lieferte, war die Oberfläche von dünnem Eis überzogen. Luftblasen waren eingeschlossen und es sah lustig aus, wie sie leicht hin- und herschwappten. Heute ist der Ewaldsee ein sogenanntes Stillwasser. Die Natur erobert ihn für sich.

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Die ehemalige Zeche Ewald nur schneidend ging es kurz darauf in den Schlosspark Herten mit seinem wunderschönen Wasserschloss. Der Schlosspark selber ist angelehnt an die englischen Landschaftsparks. Die Wiesen sind umschlossen von herrlichen Baumbeständen. Exoten wie zum Beispiel die Japanische Scheinzypresse sind darunter. Und kennt jemand den „Kuchenbaum“? 

Das schöne Schloss wurde im Jahre 1376 erstmals urkundlich erwähnt und hat eine beeindruckende historische Vergangenheit. Warum ich hier noch nie vorher gewesen bin, weiß ich gar nicht. Doch das alles werde ich mir bestimmt nochmal auf der ein oder anderen Tour näher anschauen. 

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Ein paar Straßen und Wege später befand ich mich für ein kleines Stück auf der alten Zechenbahn-Trasse „Allee des Wandels“. Herrlich zu fahren, doch jetzt waren wesentlich mehr Spaziergänger und Radfahrer unterwegs. Ich bog ab über einen schmalen Feldweg und hatte die Landschaft wieder für mich. 

Über die leicht abfallenden Felder erblickte ich die Reste der ehemaligen Zeche General Blumenthal. Die Teufarbeiten begannen dort bereits 1873, stillgelegt wurde die Zeche erst 1992. Der alte Förderturm von Schacht 7 verrottet vor sich hin, die stillstehende Uhr am ehemaligen Lüftergebäude schien die damalige Zeit festzuhalten. 

Vom Rodeln und Grillen

Unweit entfernt liegt der „Rodelberg“ in einem schönen Naturschutzgebiet. Wie der Name schon sagt, kann bei Schnee hier gerodelt und im Sommer dort wunderbar am Grillplatz das Fleisch auf dem Rost gebrutzelt werden. Das die Gegend rund um das Freibad Mollbeck beliebt ist, war unübersehbar. Horden von Menschen waren dort unterwegs und ich froh, als ich da weg war.

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Vorbei an der ehemaligen Abraumhalde Blumenthal VIII mit einem schönen Aussichtspunkt mit über 80 Metern über NN, wo es sich prima radeln lässt, näherte ich mich dem nächsten Highlight. Die Haard verspricht Natur mit viel, viel Wald. Diese herrliche Hügellandschaft entstand einst während der Eiszeit und gilt heute mit als größtes zusammenhängendes Waldgebiet im nördlichen Ruhrpott. 

Die Haard

Kein Wunder, dass ich hier die Natur nicht nur für mich alleine hatte. Das wäre auch zu vermessen gewesen. Doch manchmal erwischte ich zumindest kurze Abschnitte, wo ich mal nicht Slalom fahren musste und die herrliche Ruhe genießen konnte. Matsch gab es hier genug. Das Rad sah dementsprechend aus. Das Quietschen der Scheibenbremsen wegen der Nässe und das zermahlende Geräusch von Dreck auf den Bremsbelägen ging durch Mark und Bein. Ein gruseliges Geräusch.

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Die Haard. Ein ganz wunderbares Waldgebiet.

Doch ansonsten spielte das Wetter wunderbar mit, die Beine waren ganz okay, der Gran Fondo lief gut. Das die Stimmung einem dann ein unentwegtes Grinsen ins Gesicht schraubt, muss ich ja wohl nicht erwähnen. Dass das ein oder andere Foto gemacht wurde, ist hier ja nicht zu übersehen. Doch die Zeit drückte mir irgendwann etwas im Nacken. Denn eingeplant war nicht im Dunklen nach Hause zu kommen, eine Frontlampe hatte ich nicht mit.

Zwischen einigen Siedlungen fuhr ich durchs Grüne zurück in Richtung Rhein-Herne-Kanal und zum dortigen ehemaligen und imposanten Schiffshebewerk Henrichenburg. Immer einen Ausflug wert, aber auch hier: geschlossen wegen der Pandemie. Zwischen weiteren Feldern schlängelte sich mein Gran Fondo nun zwischen den Orten Henrichenburg, Mengede und Castrop-Rauxel. 

Zeitenwende?

Dort gibt es die Bergehalde Schwerin, auf der oben eine Sonnenuhr thront. Anhand der zehn Meter hohen Edelstahlsäulen, die in einem Kreis von genau 16,5 Metern auseinander stehen, kann man die „Wahre Ortszeit (WOZ)“ ablesen. Die weicht im Übrigen ab von der Anzeige auf der Armbanduhr! 

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Sehr interessant gemacht, hat man dazu noch eine tolle Aussicht weit hinein in die Landschaft. Ausblicke bis ins Sauerland, nach Dortmund oder bis zum Gasometer in Oberhausen kann man gewinnen. Die Halde liegt etwa 30 Meter über der Umgebung und 155 Meter über NN.

Jetzt kam der Pott immer näher, die Besiedlungen wurden dichter. Und meine Beine etwas müder. Doch noch waren einige Kilometer zu absolvieren. Die „Warum nur“-Frage, die mir dann manchmal kommt, verschwindet zum Glück meist wieder schnell. Da ich gerne am Wegesrand schaue, was es alles zu entdecken gibt, ermöglicht es mir bei so einer Fahrt Abwechslung zu bekommen. In dem Fall ist es nicht unbedingt so bei mir, dass ich den Gran Fondo in Rekordzeit fahren muss. Man kann ihn auch anders angehen.

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Ja, es wurde etwas dreckig…aber nur ein bisschen 😉

Ich erreichte Bochum und befand mich ab nun auf der allseits beliebten Springorumtrasse wieder, einer ehemaligen Bahntrasse, die das durchgängige Radfahren von Altenbochum bis ins Ruhrtal bei Dahlhausen ermöglicht. Solche Bahntrassen werden immer öfters umgewidmet zu Fahrradtrassen. Das ist sehr erfreulich. 

Hochwasser beim Gran Fondo

Nach rund zehn leichten Kilometern auf der Trasse kam ich an der Ruhr an. Doch der Ruhrtalradweg war hier unpassierbar. Hochwasser hatte sich über den unmittelbar an der Ruhr entlang führenden Radweg und den Wiesen breit gemacht. Doch die Gegend dort kannte ich und wußte daher ein paar Schleichwege auf der nördlichen Uferseite. Zwar manchmal ziemlich nah am Wasser, doch dort kam ich durch.  

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Schon bald erreichte ich Essen-Steele und von dort ging es durch bekannte, heimische Gefilde nach Hause. Ich kam im letzten Tageslicht an. Müde durch die viele frische Luft, einem leicht verspannten Nacken aber trotzdem glücklich, einfach unterwegs gewesen zu sein und den Gran Fondo auf dem letzten Drücker gemacht zu haben.

Fazit

Einen Gran Fondo zu fahren, also mindestens 100 Kilometer an einem Stück zurückzulegen, kann anstrengend sein, muss es aber nicht zwingend. Es kommt halt darauf an, wie man sich das selbst vornimmt. Sportlich oder als Tour. Es ist das, was du daraus machst. Dass man sich bei Strava ein digitales Abzeichen dafür „erarbeiten“ kann, finde ich ein nettes Gimmick. So hat man einen kleinen Anreiz rauszufahren, auch wenn man sich nichts dafür kaufen kann. Spaß. Das ist es, worum es doch gehen sollte. Oder? 😉

Einige Links zu Sehenswürdigkeiten findet ihr hier:
- Zeche Ewald
- Schloss & Schlosspark Herten
- Die Haard, auch zum Wandern schön
- Bergehalde Schwerin

Ich habe schon einmal von einem Gran Fondo auf Strava berichtet. Direkt durch den Pott. Den Bericht findet ihr hier 😉

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