
Mit dem Rennrad die Emilia-Romagna erleben
Ich habe den Urlaub zwar selber bezahlt, habe aber, wie ihr auf meiner Website entnehmen könnt, eine kleine Kooperation mit dem Hotel. Daher könnte dies auch als Werbung empfunden werden. Nichtsdestotrotz schreibe ich komplett aus meiner Sicht und über mein Empfinden. Ich denke, ihr wisst das einzuordnen 🙂

Vorbei. Zwei Wochen feinstes Rennradfahren in der von mir so ganz und gar geliebten Emilia-Romagna in Italien. Als Ferien-Paket zusammen mit Familie und Freunden. Kann es noch viel schöner gehen? Schwer vorstellbar, denn wer sich gut miteinander versteht, für den gibt es selbst mal bei unterschiedlichen Tagesplanungen keinen Stress. Daher waren diese vierzehn Tage irgendwie gefühlt eine schöne Ewigkeit und doch – und das überwiegt – viel zu kurz!
Das Lungomare Bike Hotel in Cesenatico ist der ideale Ausgangspunkt für sämtliche Erkundungen in der Region. Direkt am adriatischen Meer gelegen bietet es gerade für die nicht-radfahrenden Familienmitglieder, auch für Kinder, einen hohen Unterhaltungswert. Während sich die zumindest etwas größeren Kinder im Pool austoben können, gibt es für die Erwachsenen im SPA wohltuende Massagen, Anwendungen sowie Sauna und Hamam. Ich konnte mich übrigens ebenfalls nicht beklagen, eine Sportmassage nach einer Tour lockerte mir die Bein-Muskulatur recht gut. Hinzu können sogar noch Koch-Kurse kommen. Perfekt für den italienischen Abend hinterher zu Hause.

Entweder man weiß selber, was man für eine Runde mit dem Rennrad machen möchte oder man hat die Möglichkeit geführte Rennradtouren unterschiedlicher Leistungslevel zu machen. Dazu fährt dann dementsprechend ein Guide den geneigten Rennradfahrern voraus. Außerdem gibt es in dem riesengroßen Fahrradkeller nicht nur alles, was der Radfahrer zur anschliessenden Bike-Pflege braucht, sondern darüber hinaus gibt es beste Rennräder zum ausleihen. Dem Kenner wird ein Leuchten in den Augen aufflackern, wenn er die magische Bezeichnung „Dogma F12“ hört.

Vorteil im Herbst in der Emilia Romagna: die Bürgersteige sind quasi schon hochgeklappt, die Strandbuden zu und die Strände ziemlich leer. Der Trouble, der hier im Sommer in der Hochsaison herrschen muss, ist zu dieser Jahreszeit ganz weit weg. Wer sich jedoch in die Altstadt von Cesenatico begibt, sich in eines der herrlichen Cafés oder einer der Bars setzt, der kann auch jetzt noch in der warmen Herbstsonne das Leben genießen!
Mit Blick auf die kleinen, alten Holzbötchen, die im prächtigen Schiffskanal vor Anker liegen, der übrigens von Leonardo Da Vinci konstruiert wurde, ist das perfekt! Zum Abschluss einer Rennradrunde einen frisch gemahlenen italienischen Kaffe dort zu sich zu nehmen sollte man unbedingt einplanen!
Cesenatico
Der weltberühmte Badeort Rimini mit seinen flachen Stränden ist ebenfalls nicht weit entfernt. Eine schmucke Altstadt lädt zum Bummeln und Shoppen ein. Die Piazza Tre Martiri bildet den Mittelpunkt. Sehenswert ist die aus römischer Zeit stammende Brücke Ponte di Tiberio mit angrenzendem Park und der Arco d’Augusto, also der Augustusbogen aus dem Jahre 27 v.Chr.!
Erstaunlich empfand ich die vielen Radfahrer, die durch die Straßen fuhren. Ein kompletter Altersquerschnitt! Ob Studenten, Schüler oder ältere Semester der Bevölkerung, sie alle traten in die Pedale, um einfach von A nach B zu kommen. Das Fahrrad scheint hier im Alltag angekommen zu sein. Und damit meine ich nicht die Rennradfahrer!
Rimini
Für Rennradfahrer wird jedoch schon aus Tradition eine große Sympathie empfunden! Quasi in jedem Stadtteil der etwas größeren Städte gibt es einen Radsportverein. Undenkbar in heimischen Gefilden. An den Wochenenden kann man in den Hügeln schwitzende alte Herren mit leichtem Bäuchlein im Lycra treffen, die die Anstiege zwar etwas gemäßigter hochfahren, dafür aber in der Ebene so manchen Jungspund die Grenzen aufzeigen!
Oftmals trainieren große Gruppen an ambitionierten Rennradfahrern zusammen in den Bergen und Hügeln der Region. Da wird teilweise ein Tempo angeschlagen, dass einem die Ohren wackeln, wenn der Sprint-Zug an einem vorbeiprescht! Hier wird Radsport noch richtig gelebt und die Erinnerung an die Helden der Landstraße hochgehalten.
Unübersehbar ist das Erbe von Marco Pantani in der Emilia-Romagna, der viel zu früh unter dramatischen Umständen verstarb aber einen Legenden- und Heldenstatus erlangt hat, wie ihn nur ganz, ganz besonderen Radsportlern zuteilwird!
” Il Carpegna Mi Basta” – der Trainingsberg von Marco Pantani
Sein Trainingsberg, der Monte Carpegna, durfte diesmal auch auf einer meiner Touren nicht fehlen. Radsport-Historie tief in meine mickrige Rad-Lunge einatmen, das wollte ich unbedingt! Umso erfreuter war ich, als Manuel Senni, seit zwei Monaten Guide des Lungomare Bike Hotel, zusagte, mich auf diesem rund 135-Kilometer-Loop zu begleiten!
Manuel Senni war bis vor kurzem noch Profi, bevor er seine Karriere leider wegen einiger Verletzungen beenden musste. Er nahm viermal am Giro teil und war u. a. Gesamtsieger des Colorado Classic. Er verhalf als Fahrer des BMC-Racing Team keinem geringeren als Greg Van Avermaet als letzter Anfahrer 2015 zum Gesamtsieg der Belgien-Rundfahrt! Und wie er mir erzählte, war einer seiner damaligen Zimmergenossen niemand anderes als der junge Rick Zabel, einer meiner heutigen Lieblingsradfahrer im Peloton! Manuels weitere Stationen waren die Conti-Teams Bardiani-CSF sowie Amore & Vita!

Sich also so einen erfahrenen Profi neben sich zu wähnen, ist schon eine tolle Erfahrung! Ihn am Berg fahren zu sehen, wie grazil er hinauffährt, so leichtfüßig, fast schon schwebend, ist bemerkenswert. Während ich den Berg Pantanis fast wieder rückwärts runterrollte und mein Wahoo zwischendurch einfach wegen zu geringer Geschwindigkeit automatisch stoppte! Welch Peinlichkeit!
Aber auch ich stand am Ende oben, leicht emotional berührt, obwohl meine Leistung niemals in die Radsport-Annalen eingehen wird. Der Blick von dieser unscheinbaren Bergkuppe ins Hinterland ist atemberaubend. Dafür alleine lohnt sich die Quälerei! Von der rasanten Abfahrt ganz zu schweigen! Ein Traum! Am Schluss der Abfahrt in einem schönen Café einen Espresso trinken ebenfalls!

Ich hatte das große Glück mit Manuel einen äußerst versierten Guide zu haben, der mir viel aus der Emilia-Romagna erzählen konnte. Die Touren, die angeboten wurden, waren abwechslungsreich und interessant zugleich. Als sehr schön empfand ich die Touren zu unterschiedlichen Bauernhöfen in den Hügeln oberhalb von Cesenatico und Rimini. Alle Gruppen der unterschiedlichen Leistungslevel kamen hier zusammen, um am Mittag mit selbstproduzierten Wein und leckersten Speisen verköstigt zu werden. Dazu wurden, falls erwünscht, die nicht-radfahrenden Familienmitglieder mithilfe des kleinen Hotel-Shuttles ebenfalls zu den Höfen gebracht.
Von den Hängen, an denen die Weinreben sich der Sonne entgegen recken, war der Ausblick hinunter zum Meer sehr beeindruckend. Auf den Terrassen kann man im Sommer allerfeinstes Dolce Vita genießen! Natürlich sind die Produkte der Höfe direkt vor Ort zu erwerben. In diesem Gesamterlebnis allerdings ohne auch nur ansatzweise aufdringlich zu wirken. Rundherum gelungen, wie ich finde!
Nach den Verköstigungen wurde dann meist der Heimweg angetreten. Die Gruppen fuhren entweder jede ihren eigenen Weg oder man einigte sich unkompliziert im flachen Terrain die wenigen letzten Kilometer zusammenzufahren.
Die Hügel der Emilia-Romagna sind meist gar nicht so hoch, doch zahlreich und beständig. Dem geneigten Rennradfahrer wird durchaus einiges abverlangt, selten wird ein echter Flow erreicht außer auf den flachen Teilstücken. Die Anstiege sind alles andere als rhythmisch, knackig dagegen sehr häufig. Die sind dann gerne mal nah im zweistelligen Prozentbereich oder direkt mal weit darüber. Ideales Trainingsrevier, denn wie bereits erwähnt, ist der Autoverkehr im Hinterland verschwindend gering.
In den Hügeln der Emilia-Romagna – Eindrücke!
Immer wieder passiert man auf den verschiedensten Routen verschlafene Nester an Dörfern, die auf oder an einem Hügelkamm liegen. Nicht selten gibt es ein Castell oder ein anderes herrschaftliches Haus zu entdecken, welches wie zum Beispiel in Bertinoro den Mittelpunkt des Dorfes darstellt.
Zu dieser Jahreszeit, wenn die Blätter schon rotbraun gefärbt, die Temperaturen gesunken sind, aber man trotzdem noch mit Langarm-Jersey und in kurzer Hose fahren kann, die Zeit der Maronen gekommen ist, die über kleinen Feueröfen geröstet werden und der Touristenstrom fast zum Erliegen gekommen ist, dann lernt man das „normale“, manchmal einfach wirkende Leben der Menschen viel besser zu verstehen. Ein intensives Erlebnis auf und neben dem Rad!

Man muss nicht immer haufenweise Körner verballern und mit dem Rennrad alles geben. Es geht auch zwischendurch mal anders. Und zwar dann, wenn der Partner vielleicht auf einem anderen Niveau fährt, aber man trotzdem eine Runde zusammen drehen möchte. Matteo, ein smarter und sehr sympathischer junger Mann, der nach der U23 für sich entschieden hat lieber zu studieren, als doch dem Profileben eines Radsportlers nachzugehen und ebenfalls nun nebenbei als Guide des Hotels tätig ist, zeigte auf einer flachen Runde mir, meiner Frau und einem Freund, der ebenfalls mit in den Urlaub gekommen ist auf diese Weise Cesena.

Cesena sollte man sich nicht entgehen lassen. Diese geschichtsträchtige Stadt, die erstmals im 1. Jahrhundert auf der Karte auftaucht, lädt zu allerlei Entdeckungen ein. Die Festung über der Stadt, die Rocca Malatestiana von 1380, die berühmte Biblioteca Malatestiana, die rund 300.000 wertvolle Manuskripte und Bücher in ihren Besitz zählt oder die herrliche Piazza Popolo mit den ansässigen Cafés und Bars. Ach, ich vergaß zu erwähnen, dass hier der Latte Macchiato ganz besonders gut schmecken soll.

Aufgrund all dieser Erlebnisse ist es mir die liebste Zeit im Jahr, um meiner Radsportleidenschaft in der herrlichen Emilia-Romagna ausgiebig frönen zu können. Es war ein absolut entspannter Urlaub, in dem sämtliche Bedürfnisse jedes einzelnen nicht zu kurz kamen. Ob mit dem Rennrad oder abseits der Straßen. Das kann tatsächlich super funktionieren. Das Lungomare Bike Hotel hat sich darauf spezialisiert, diesen Spagat für die Rad-Affinen und deren Familien und Freunden hinzubekommen. Alles in einer bewundernswerten familiären Atmosphäre.

Die Eindrücke, die ich erneut in der Emilia-Romagna gewinnen konnte, waren ein Labsal für die Seele. Inspirierend und hochinteressant waren mir die Gespräche mit Manuel auf unseren Touren, der mir viel aus der Welt des Peloton erzählen konnte. Egal, ob es um die richtigen Set-Ups, Ernährung, Regeneration oder dem Alltagsleben eines Profis ging, Manuel beantworte mir geduldig alle meine Fragen. Ich habe die Antworten wie ein Schwamm aufgesogen. Wenn man schon einmal die Gelegenheit hat, dann sollte man sie nicht verstreichen lassen.

Wie immer ist der Urlaub zu kurz. Doch sicherlich war ich nicht das letzte Mal in dieser Region mit dem Rad unterwegs. Die Eindrücke werden bleiben, die Freude auf weitere Erlebnisse mit dem Rennrad in der Emilia-Romagna auch. So verbleibe ich mit einem weinenden und einem lächelnden Auge und sage bis zum nächsten Mal. 🙂
Weitere Infos & Links
Wer meinen Bericht zum letztjährigen Besuch zum Giro in der Emilia-Romagna nachlesen möchte, der findet ihn unter diesen Link!
Der Link zum Lungomare Bike Hotel



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