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MOMENTE

Night Of The 100 Miles 2023

Fotos, soweit nicht anders gekennzeichnet, alle von Oliver Hitzegrad

Die Night Of The 100 Miles 2023 ist Geschichte. Was war das wieder für ein irrer Gravelride durch das nächtliche Ruhrgebiet! 130 Teilnehmer und somit das Limit waren nach nicht mal ganz vierzehn Tagen nach Anmeldestart erreicht und sie durften wieder eine wilde Nacht mit bombastischem Finale und mit perfektem Sonnenaufgang auf Halde Hoheward erleben. Wahnsinn!

Es ist nicht immer leicht, über eine eigene Veranstaltung unvoreingenommen zu schreiben. Und meinen Enthusiasmus versuche ich auch nicht zu verbergen. Denn ich bin mir sicher, dass auch die vierte Ausgabe der NOT100M ein voller Erfolg und ein Riesenerlebnis für alle Teilnehmer war.

Prolog

Was habe ich mir im Vorfeld Gedanken über die Streckenführung der Night Of The 100 Miles 2023 gemacht! Dabei war die Route recht schnell in groben Zügen fertig. Doch ich war mir nicht sicher, ob 1300 Höhenmeter, und dann auch noch Nachts, für viele Teilnehmer nicht eine zu große Herausforderung wären. Zumal diese sich auf den ersten 60 Kilometern sammeln würden. So hab ich hin- und hergeklickt, geschaut und nochmal geändert. Weitergeschaut und wieder geändert. 

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Das Scouting versprach bereits eine herrliche Streckenführung.

Irgendwann kam der Tag, wenige Wochen vor dem Event, da konnte ich die Strecke der NOT100M endlich live scouten. Sowohl die Main Route mit 160 Kilometern, als auch die Bummelrunde, die auf rund 90 Kilometern funktionieren sollte. Sind die Strecken auch bei Nacht fahrbar? Wo sind eventuell Hindernisse? Machen die geplanten Checkpoints in Form von 24h-Tankstellen mit und legen die Stempel bei sich aus? Tausend Dinge gehen da einem durch den Kopf.

Doch ich merkte schnell, dass alle Sorgen umsonst waren. Dieses Gefühl, dass die Strecke passt, hatte ich schnell. Selbst die Höhenmeter fühlten sich gut an, da immer wieder Abschnitte kamen, auf denen man rollen lassen konnte. Und da ich quasi in „Echtzeit“, also identischer Uhrzeit, gescoutet habe, wusste ich, dass die herausfordernde Strecke auch Nachts funktionieren würde. 

Ebenso erging es mir mit der „Bummelrunde“. Dass es immer noch etwas Neues im Pott zu entdecken gibt, fand ich super. Ruhrgebiet in schön, ganz relaxt. Perfekt für alle, die sich erstmalig an so eine Nachtfahrt herantasten wollten.

Die schwierigste Orga war dagegen dem Frühstück geschuldet. War es in den letzten Jahren nie ein Problem beim Bäcker alles zu bekommen, fehlte ihm diesmal einfach, wie bei so vielen Betrieben, das Personal. Die Zeit drängte, eine Alternative musste her. Ein, zwei unruhige Nächte hatte ich, das gebe ich zu. Denn die Night Of The 100 Miles steht und fällt mit dem Frühstück auf der Halde. Am Ende fanden wir doch noch eine Lösung mit unserem „angestammten“ Bäcker. Ein riesengroßer Brocken von Stein fiel mir von den Schultern. 

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Die Stempelkarten wurden gedruckt, die Tankstellenbetreiber instruiert und die Stempel ausgehändigt, Info-Mails und die gpx-Daten an die Teilnehmer gesendet. Und nicht zuletzt brannte ich jede einzelne Medaille mit dem extra angefertigten Stempel und am Samstag wurden die Stullen mit drei Leuten geschmiert und verpackt und alles für den nächtlichen Transport vorbereitet. Dann war es so weit. 

Der Gravelride & Die Nacht der Nächte

Am Startort bei Punta Velo in Essen versammelten sich nach und nach die Fahrer, schrieben sich ein und erhielten ihre Stempelkarte so wie einen Powerriegel. Bei bestem Wetter entspannten die Fahrer entweder im Café, der Eisdiele oder auf der Wiese direkt nebenan. Die Stimmung war relaxt. 

Bis ich endlich kurz vor dem Start der Main Route das letzte Fahrer-Briefing abhielt. Langsam wurde die Meute unruhig. Und kaum hatte ich die letzten Infos gegeben, wurden die Gravelbikes geschnappt und sich für den Start aufgestellt. Trotz des möglichen Zeitfensters für den Start wollten die allermeisten Fahrer direkt los.

Impressionen vom Start der Night Of The 100 Miles

Die Startflagge wurde geschwenkt, der Tross begab sich auf einen fantastischen Gravelride. Die ersten Kilometer war es noch ein großer Verband, der sich zunächst über die Straßen Essens quälte. Doch je weiter wir fuhren, desto größer wurden auch die Abstände. Die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite als die ersten Feldwege erreicht wurden. Staub wirbelte auf und es entstand direkt ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Überraschend war für viele die immer neuen Perspektiven auf den Pott. Besonders für diejenigen, die so etwas hier nicht erwartet haben. 

Buckelige, fast nicht vorhandene Pfade über Felder wechselten sich ab mit Passagen gut zu rollender Schotter-Abschnitte auf alten Bahntrassen oder auch etwas Asphalt, als es über das um diese Uhrzeit leere Gelände der Uni Bochum ging. Die Höhenmeter sammelten sich peu à peu. Manchmal unscheinbar, manchmal aber schnell bei knackigen Anstiegen. 

Gravel(ride)

Die erste Tankstelle und damit der erste Checkpoint wurde in Witten erreicht. Gut vorbereitet lag der Stempel aus. Allerdings zunächst der Falsche! Denn ein Radsportverein hatte ebenfalls einen Stempel für eine RTF hinterlegt. Ich konnte den Fehler jedoch schnell beheben. Zufälle gibt’s.

Immer mehr Teilnehmer der Night Of The 100 Miles 2023 trudelten ein, kauften bei der Hitze kalte Getränke und schnackten draußen vor der Tür, bevor es weiterging.

Die Dämmerung nahm zu. In den Wäldern bei Hohensyburg wurde das erste Mal das Licht eingeschaltet. Hier kam jetzt auch das anspruchsvollste Stück in Form von knackigen Anstiegen und vielen Höhenmetern. Doch endlich oben angekommen, mit tollem Ausblick vom Denkmal auf die Ruhr, gab es eine kleine Überraschung für die Fahrer. Es wurden dort nicht nur Fotos von den Teilnehmern gemacht, es gab auch kleine „Gute Nacht“-Gummibärchen-Tüten. 

In der Dämmerung bei Hohensyburg

Jetzt, nach 60 Kilometern, war es nun richtig dunkel. In den Wäldern war es finster, während man irgendwo weiter vorne zwischen den Bäumen schon mal vereinzelt rote Rücklichter kurz aufblitzen sah, bevor sie wieder hinter den Baumstämmen verschwanden. Was für eine Atmosphäre. Etwas Höhenzug auf ruhiger asphaltierter Straße folgte. Links die blinkenden Lichter von Dortmund. Ein toller Anblick.

Ein weiterer Abschnitt durch einen Wald, der uns im östlichen Teil Dortmunds wieder ausspuckte und der nächste Checkpoint war erreicht. Die Schlange an durstigen Radfahrerkehlen wuchs immer mehr an. Der Staub der Piste hatte uns mehr ausgetrocknet, als gedacht. Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, wir wären Ruß-verschmiert. So sahen wir aus.

Durchschnaufen, denn jetzt war das Schlimmste an Höhenmetern überstanden. Die Hälfte der Strecke war geschafft. Wir rollten inzwischen hinab in Richtung Phoenix-See, der um diese mitternächtliche Uhrzeit weitergehend von Spaziergängern befreit war. Es ist was anderes, um diese Uhrzeit hier mal mit dem Fahrrad zu rollen.

Tankstellen-Leben bei der Night Of The 100 Miles 2023

Zwischen Emscher, Phoenix-Hütte und versteckt liegenden Schrebergärten wurde der Weg gefühlt immer einsamer. Und doch waren wir mitten in der Metropole. Das ist es, was die Night Of The 100 Miles ausmacht. Nachts zu fahren, ergibt komplett andere Eindrücke. Sehr lohnenswert, das einmal auszuprobieren.

Entlang der Emscher und dann hinüber zum im Dunklen daliegenden Schiffshebewerk Henrichenburg. Monströse Schatten, die Mauern der ehemaligen Durchfahrt für die Schiffe ragten hoch empor, als wir nun mit den Rädern hin durchrollten. Eine grandiose und irgendwie leicht gruselige Kulisse.

Felder. Wege. Pfade. Der Duft von Getreidefeldern stieg uns in die Nase. Wir fuhren durch die mittlerweile recht frische Nacht, das Firmament über uns. Vor uns lag Die Haard, ein bekanntes und beliebtes Naturschutzgebiet. Tagsüber am Wochenende sind bei schönem Wetter die Wege voll von Wanderern und anderen Radfahrern. Nachts dagegen herrscht dort Ruhe. 

Die Wege sind dort teils sandig und wir mussten gut aufpassen, nicht zu sehr ins Schlingern zu kommen. Etwas Tempo hineinbringen half, die kurzen Sandpassagen ohne Probleme zu meistern. So streiften wir Die Haard am Rande ihres großen Gebietes und kamen kurz darauf zum letzten Checkpoint.

Spirit der Night Of The 100 Miles

Es funktionierte! Denn hier kam die „Bummelrunde“ mit der „Main Route“ der NOT100M zusammen. An der Tankstelle war ein Stelldichein vieler Fahrer. Die Schlange am Nachtschalter war ziemlich lang. Der gute Kerl hinter der Kasse konnte einem leid tun, denn für jeden „Kunden“ musste er erneut durch den Shop laufen, um die gewünschten Getränke und anderweitige Verpflegung zu holen.

Wenn man in die Gesichter der Fahrer blickte, sah man teilweise müde, aber glückliche Gesichter. Keine dreißig Kilometer mehr, der Dämmerung entgegen. Wald, Feld, Wiese. In der Wahrnehmung im hohen Tempo, in der Realität nicht ganz so schnell wie gedacht.

Die letzten Kilometer über die Trasse „Allee des Wandels“. Wir schalteten tatsächlich noch einmal einen Gang hoch, die Dämmerung schritt fort. Es war wie im Rausch, denn das Ziel, Halde Hoheward, lag vor uns. Wir konnten das Himmelsobservatorium dort oben bereits sehen.

Belohnung für die Strapazen der NOT100M – der Sonnenaufgang

Doch der Weg hinauf kostete vielen Fahrern die allerletzten Körner. Der obligatorische „Charakterberg“-Anstieg – bei jeder Ausgabe der Night of the 100 Miles der Endgegner. Noch einmal mussten die Waden brennen. Oben warteten schon zahlreiche Teilnehmer an der östlichen Spitze. Die Fahrer der Lastenräder hatten das Frühstück bereits hochgebracht. Die Teilnehmer aßen die Knifften, Obst und Joghurt und warteten auf den Sonnenaufgang.

Am Horizont ein Lichtstreif. Erst schwach, dennoch nicht aufzuhalten. Seit Jahrmillionen jeden Tag überall auf der Welt das gleiche Schauspiel. Oft ist es durch Wolken nicht zu sehen, oder Regen versperrt den Blick. Doch hier, selbst bei der vierten Ausgabe der Night of the 100 Miles, war der Himmel zum vierten Mal wolkenfrei! Der Blick aller ging gebannt in Richtung Osten. Und dann ging die Sonne auf…

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Die Night Of The 100 Miles 2023 ist Geschichte!

Dank gilt allen Supportern und dem gesamten Team, das sich unermüdlich für eine mögliche Durchführung der Night Of The 100 Miles eingesetzt hat! Mel, Claudia, Tim & Matthias vom Nordpott-Gravel, Daniel, Oliver Hitzegrad, Gerd & das gesamte Punta Velo-Team, Der Borbäcker

So fing alles an – der Bericht von der ersten Ausgabe der Night Of The 100 Miles

Die Website von Punta Velo

Unser Bäcker – der Borbäcker

Wunderbare Fotos gibt es bei Instagram von Oliver Hitzegrad

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