
Cycling Hawaii – Teil 3: Oahu Surviving
Hawaii. Oahu. Sehnsuchtsort und Urlaubsparadies. Der Name Waikiki klingt schon von ganz alleine nach Sand, Palmen und Meer. Das Surfen darf man natürlich auch nicht vergessen. Hier begann der Siegeszug der Bretter, mit denen man anscheinend so mühelos durch die meterhohen Wellen gleitet.
Eine der bekanntesten Inseln des Archipels ist Oahu. Im Gegensatz zu den anderen Inseln gibt es dort keine aktiven Vulkane mehr, dafür nicht weit entfernt von der Hauptstadt Hawaiis, Honolulu, Regenwald. Auch auf dieser Insel hat es erneut mit der nördlichen und östlichen Seite regenreichere Gebiete als auf dem Rest des Islands.
Die ersten Bewohner kamen um die Jahrtausendwende aus Polynesien und kannten solche Touristenströme der heutigen Zeit nicht mal ansatzweise. Der Tourismus macht heute den größten Wirtschaftsfaktor aus. Die Insel ist stark asiatisch geprägt, im Gegensatz zu den anderen Inseln Hawaiis.

Pearl Harbor
Bekannt ist Oahu im Zweiten Weltkrieg geworden, als Pearl Harbor als Sitz der Pazifikflotte der USA von den Japanern angegriffen wurde. Daraufhin traten die Vereinigten Staaten in den Krieg ein. Die Schauplätze können heute sogar per geführter Tour besichtigt werden. Vor Anker liegt auch das brachiale ehemalige Kriegsschiff USS Missouri, das in mehreren Konflikten eingesetzt wurde. Auf diesem Deck wurde auch die Kapitulation Japans und somit das Ende des Zweiten Weltkriegs unterzeichnet.
Zahlreiche Sandstrände, und damit meine ich nicht nur den weltberühmten Strand von Waikiki, hat diese Insel ebenfalls zu bieten. Paradiesische Zustände für jedermann also. Denn wer mag Sonne, Sand und Meer nicht?
Hier auf Oahu, wollte ich mir das Radfahren natürlich auch nicht nehmen lassen. Ein guter Fahrradladen in Honolulu war auch schnell gefunden, der ein gut sortiertes Sortiment an Leihfahrrädern da hatte. Der Preis okay, das Rad gut. Da gab es nichts zu meckern. Also schnell online reserviert.
Doch Honolulu und Waikiki sind anders, als die Städte der anderen Inseln. Großstadt trifft es richtig, mit seinen Hochhäusern und weit über 300.000 Einwohnern. Ein Gewirr von Straßen, obwohl sie wirken, wie auf dem Reißbrett entworfen. Hochhäuser mit Hotels und Apartments. Straßenschluchten, wo der Verkehr sich durchdrängelt und am Abend die überhitzten Gemüter sich ein Showlaufen mit ihren aufgemotzten Autos geben.
Oahu’s Waikiki Beach
Man kennt die Szenen an der Promenade von Miami Beach in Florida. Nur, dass diese Meile hier viel weniger glamourös wirkt. Nicht, dass sie nicht hübsch und einladend aussieht, doch es fehlt etwas an Charme. Zu oberflächlich wirken all die so schön gestylten Geschäfte, die ihre teuren Klamotten und den noch teureren Schmuck an den Mann oder noch besser an die Frau bringen wollen.
Oahu ein Fahrradies? Tatsächlich war ich etwas skeptisch. Und auch bei der Planung einer Route tat ich mich schwerer als sonst. Es waren schlicht so gut wie keine Wege auf komoot zu finden, die für das Radfahren gut geeignet waren.
Am Strand von Waikiki entlangzufahren ist zwar sehr schön, aber auch stressig mit dem Verkehr. Busse, Autos, Motorräder und sonstige Verkehrsmittel huschen doch sehr nah an einem vorbei, der Radstreifen ist sehr schmal.

Aber dann begab ich mich endlich doch auf eine Tour. Mein Ziel war ganz simpel gehalten, eine Pizzeria als Belohnung in Kailua. Etwas nordöstlich auf der Insel gelegen. Die Sehenswürdigkeiten unterwegs klangen gar nicht mal so übel. Darunter der bekannte Diamond Head, ein ehemaliger kleiner Vulkan, auf dessen Flanken man wandern kann und einen tollen Ausblick auf Honolulu hat.
Blick vom Diamond Head
Dazu einige schöne Parks, direkt am Meer gelegen, die bekannte Hanauma Bay und zerklüftete Felswände an der Küste. Und mit dem alten Leuchtturm am Marapu’u Lighthouse Trail sollte das was hermachen.
Entscheidend war allerdings, dass nur wenig Raum für das Radfahren war. Entlang eines Highways mit schmalen Seitenstreifen zu fahren (offiziell als Bike Route deklariert) ist erst spannend, dann überkommt einem die Anspannung wegen der motorisierten Nachbarn auf der Fahrbahn und als Letztes die Spannung, ob man das alles überhaupt überleben wird.

Waikiki ging zunächst besser als gedacht, aber da war ich schnell durch. Braungebrannte Menschen, wohin ich schaute. Die gerade erst angekommenen Touristen erkannte man sofort an ihrer Blässe. Oder der Röte ihrer Haut vom ersten Sonnenbrand.
Überall liefen Menschen mit Surfboards zum Meer oder kamen durchnässt zurück von ihrer Aktivität. Musik schallte vom Strand herüber, Kinderlachen sowieso. Auf dieser einen Meile war das Leben noch in Ordnung. Auch der Weg zum Diamond Head war noch schön. Die Straße führte die Küste in östliche Richtung entlang und bot mir etwas von oberhalb gelegen aus grandiose Ausblicke auf das sagenhaft türkisfarbene Meer. Der Diamond Head lag zu meiner Linken.

Bei Kahala kam ich durch eine schicke Wohngegend. Prächtige Villen, versteckt hinter hohen Zäunen, Hecken und Palmen. Die Besitzer dürfen sich glücklich schätzen, dort zu leben. Eine wirklich schöne Gegend, wo direkt nebenan der Golfplatz des Waialae Country Club betuchte Mitglieder einlädt.
Doch was nun folgte, war purer Stress entlang des Kalaniana’ole Highways. Der Seitenstreifen war schmal, er war verdreckt, die Gullydeckel ließen mich nervös werden und die Seitenspiegel der typisch breiten Panzerautos kamen mir teilweise verdächtig nahe. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, hier mit dem Fahrrad zu fahren?

Bis East Honolulu war es ein Stück. Und auch, wenn der direkt am Highway gelegene Kawakui Beach Park ein gewisses Südpazifik-Flair aufkommen lässt, mit seinem kleinen Strand, dem flachen Wasser und den großen Palmen, war ich jetzt bereits bedient.

Permanent musste man auf alle mögliche Eventualitäten vorbereitet sein. Hoch konzentriert galt es den Seitenstreifen zu befahren und dem Müll, dickeren Steinchen und fiesen Gullydeckel auszuweichen. Dabei nicht zu nah an die Fahrspur der Autos zu kommen, war ein Kunststück.

An der Hanauma Bay, einer Bucht, die durch den Zusammenfall der zum Meer hin führenden Kraterwände eines alten Vulkans entstanden und heute ein sehr beliebtes Ausflugsziel ist, da es dort auch einen kleinen Sandstrand gibt, wollte auch ich mir die Aussicht gönnen.
Kaum kam ich an der Zufahrt an, da sah ich auch schon, dass hier die Hand aufgehalten wurde, um abzukassieren. Nur um einen Blick zu erhaschen auf diese tolle Bucht? Nein danke! Die Kommerzialisierung auf Oahu machte selbst hier nicht schlapp. Für mich warf das ein unschönes Bild auf diese Insel, die sich eher dem Geld und Devisen bringenden Touristen zugewandt hat, als den Naturschätzen.

Bei Kahauloa Cove machte ich an einem kostenlosen Aussichtspunkt halt und sah mir die von den Naturgewalten zerklüftete Felsenküste an. Die Wellen waren viele Meter hoch und klatschten mit enormer Kraft gegen den uralten Lavafels. Die Gischt spritzte hoch in die Luft. Feine Wasserpartikel davon trafen auch mein Gesicht und die Arme, obwohl ich weit von der Küste entfernt stand.
Die Küstenstraße ließ den Berufsverkehr etwas hinter sich, dafür strömten die Touristen in ihren Mietautos in Kolonnen zu den Aussichtspunkten. Dass sie nicht die Aufmerksamkeit für jemanden auf zwei Rädern haben könnten, sondern eher auf die Sehenswürdigkeiten, mit dem Gedanken musste ich mich wohl oder übel anfreunden.

In Waimanalo Beach nahm ich eine weniger befahrene Nebenstraße anstatt des Highways. Wenigstens einmal durchschnaufen. Dann musste ich am Ende dieser Straße noch einmal für ein kurzes Stück weiter auf dem Highway, bevor ich kurz darauf rechts abbog in Richtung Kailua. Durch reine Wohngegend fahrend erreichte ich dann mein Ziel: die Pizzeria in der Hekili Street.
Ich war zunächst der einzige Gast in dieser neuen, modernen, als Loft gestalteten Pizzeria. Die Pizzen, typisch amerikanisch, waren in der Größe eines Wagenrads. Ich erklärte, dass ich tatsächlich lieber eine Kinder-Pizza haben möchte. Schließlich bin ich Sportler… Und die Kinder-Pizza war noch groß genug. Anscheinend war das kein Problem. Genüsslich verzerrte ich sie auf der Terrasse, während ich das wuselige Leben ringsum beobachtete.

Nirgendwo war ein Radfahrer zu sehen. Ich denke, aus guten Gründen. Hier, in diesem Teil von Oahu gibt es einfach keine angenehmen Bedienungen zum Radfahren. Nur wer einen an der Mütze hat, kauft sich dort ein Rad. Anscheinend sind die Leute recht vernünftig.
Den ganzen Weg musste ich auch wieder zurück. Zwecks fehlender Alternativen blieb mir nicht viel anderes übrig. Der ganze Stress war somit schnell wieder da. Hinzukam nun der richtige Feierabendverkehr, je näher ich den bewohnten Gebieten kam. Der Genuss beim Radfahren ging mir völlig ab. Der Kopf musste enorm arbeiten, mental war das eine echte Bewährungsprobe.

Und der Dschungel von Honolulu lag auch noch vor mir. Diesmal fuhr ich auf der anderen Seite des Diamond Head entlang und dann hinunter zum Ala Wai Canal. Zumindest dort konnte ich auf einer Bike Lane etwas ruhiger fahren, bevor ich kurz darauf wieder am Bike-Shop ankam.
FAZIT:
Radfahren auf Oahu? Muss nicht sein. Es gibt zu wenig vernünftige Radwege, die Infrastruktur dafür existiert bis auf ganz wenige Meter einfach nicht. Und die Radwege, die vorhanden sind, sind kurz, sind schmal und meist nicht im guten Zustand. Das Befahren des Seitenstreifens entlang des Highways bedeutet Höchstkonzentration. Ein Fehler und es könnte sehr weh tun. Der Spaß bleibt daher auf der Strecke, für ungeübte Radler wird es ein Horror sein, dort zu fahren. Daher sollte man auf Oahu lieber das Strandleben genießen. In dem Fall halt einfach angenehmer.

Tipps für Oahu
- Wer sich dennoch traut und weder Tod noch Teufel fürchtet, der kann sich auf den Weg nach Sand Island zur dortigen Recreation Area machen. Die Strecke führt durch das stark befahrene Hafengebiet. Der Radweg ist etwas in Mitleidenschaft gezogen und es gibt einiges an Unrat. Aber in dem „Park“ hat man ganz „besondere“ Aussichten auf Oahu, dessen Hafen und auf die Küste.
- Einen kleinen Radausflug kann man nach Oldtown unternehmen. Der könnte sich tatsächlich lohnen. Dort gibt es nämlich sehenswerte historische Gebäude aus der Gründerzeit. Ein krasser Kontrast mit den modernen Hochhäusern im Hintergrund. Nebenan ist direkt Chinatown. Nicht so verworren wie in San Francisco, aber einen Blick kann man trotzdem riskieren, wenn es einen interessiert.
- Vernünftige Fahrräder zum bezahlbaren Preis findet ihr im THE BIKE SHOP!
- Gruppenfahrten (Social Rides) bei denen man sich anschließen kann, gibt erst auf der Seite der Hawaii Cycling League zu finden.

Wer die bisherigen zwei Artikel zum Radfahren auf Hawaii verpasst hat, findet sie hier zum nachlesen:
Cycyling Hawaii - Teil 1: Maui Cycling Hawaii - Teil 2: Big Island & die Vulkane


4 Comments
Uli Benke
…das nimmt einem ein wenig die romantischen Vorstellungen von Hawaii
bikingtom
Die ungeschminkte Wahrheit. Leider.
Kay von meinMTB.de
Lieber Tom,
danke für die vielen schönen Berichte und Fotos. Wie Uli schon sagte, das nimmt einem ein wenig die romantischen Vorstellungen von Hawaii.
Aber gut, ist halt die ungeschminkte Wahrheit.
Danke!
Michael Hamich
Oha, was für ein negativer Bericht. Wenn man mal vergleicht, zwischen Highway und Autobahn, wo ist der Unterschied? Wer möchte hier mit dem Fahrrad auf der Autobahn fahren? Und eine Vulkaninsel lässt nicht die Möglichkeiten des Straßenbaus zu wie wir es gewohnt sind. Daher sind die Routen von Ost nach West sehr begrenzt. Für mich ist Oahu Paradies.