
Deutschland Nord
TOUR: Teutonischer Ritt
Karfreitag in Deutschland. Die Temperaturen kletterten endlich mal über die 20 Grad-Marke. Genau mein Ding. Kurze Bib-Short, kurzärmeliges Trikot. Da kommt Sommerfeeling auf. Okay, die ersten drei Kilometer hatte ich noch die Windweste an bevor sie dann in den Untiefen meiner kleinen Oberrohrtasche verschwand. Recht kurzfristig hatte ich mich entschieden, ein wenig den Teutoburger Wald unsicher zu machen. Und zunächst war auch das Gravelbike dafür vorgesehen. Doch da ich ja noch ein wenig „effektiv Anstiege üben“ auf meinem Trainingsplan hatte, entschied ich mich kurzerhand einen Abend vorher das Rennrad zu nehmen. Darauf hatte ich einfach Bock. Den Track hatte ich zwar schon für den Crosser geplant, aber viel umzuplanen für das Stelvio war gar nicht mal so nötig.

Start war für mich in Paderborn, am Schloß Neuhaus. Ein sehr schönes und vor allem altes Gebäude, welches zwischen 1524 und 1526 erbaut wurde! Eine lange Geschichte hat es also schon hinter sich. Vom Sitz der Paderborner Bischöfe, über Eigentum der britische Rheinarmee und heute: dient es als Realschule!
Zuerst wollte ich mich etwas Warmfahren. Über Klusholz und Marienloh kam ich dann in den bekannten Ort Bad Lippspringe. Den Zusatz „Bad“ erhielt die Stadt bereits 1913! Hier entspringt, wie zu vermuten war, die Lippe! Unweit der dortigen Burg-Ruine und sehr schön im Arminius-Park gelegen, entspringt ebenfalls die 1832 entdeckte, gleichnamige Arminius-Quelle. Der Kurort ist sehr beliebt, die Westfalen-Therme sind zum Beispiel recht bekannt und gut besucht.




Gut gelaunt fuhr ich weiter, die Beine waren leicht und das Stelvio fühlte sich richtig gut an. Das mag auch an dem neuen Sattel liegen, der an diesem Tag im Grunde seine erste richtige Bewährungsprobe hatte. Weiter ging es durch Oesterholz-Haustenbeck, wo es kurz darauf zum ersten mal etwas hügeliger wurde. Nach Kohlstädt ging es mal links, mal rechts neben der B1 entlang. Ich konnte sie nicht immer sehen, aber oftmals die Autos hören, die auf ihr fuhren.
Der Untergrund war hier teilweise nicht mehr ganz so ideal für ein Rennrad geeignet. Ich konnte nur hoffen, dass das mit den 25er Pneus gutgehen würde. Zwar wechselte der Belag für kurze Abschnitte wieder auf Asphalt, das war allerdings sehr überschaulich. So trotzte ich den Biegungen am Berg oberhalb der Bundesstraße und wand mich an ihm entlang.

Kurz vor der Ortschaft Horn ging es etwas westlicher weiter und kehrte der Verkehrsader den Rücken. Und plötzlich stand ich schon vor den Externsteinen. Diese bis zu 40 Meter hohen Felsformationen sind weit über die Region hinaus bekannt und ein sehr beliebter Ausflugsort für Groß und vor allem Klein. Denn man kann diese Felsen gegen ein Entgelt erklimmen. Steintreppen und Brücken helfen bei der Ersteigung. Es war ziemlich voll als ich dort ankam. Die ganze Zeit hatte ich so gut wie keine Menschenseele gesehen, jetzt ballte sich alles hier an diesem historisch und geologisch wertvollen Ort. Vor rund 80 Millionen Jahren fing der gesamte Gebirgszug an sich zu formen, die Eiszeit trug ebenfalls ihren Teil dazu bei. So entstand diese isolierte Felsformation. Hier wurden sogar Steinwerkzeuge gefunden, vor rund 10.000 Jahren scheinen sich hier schon erstmals Menschen angesiedelt zu haben.



Ich schaute mir das Treiben der vielen Leute eine Weile an, bevor ich dann wieder auf die Suche nach Ruhe losfuhr. Ehe ich mich versah, rollte ich den Berg wieder rasant hinunter. „Jaaaaaaa, schön rollen lassen“, schoss es mir freudig in den Kopf. Über Holzhausen raste ich schöne, asphaltierte Wege hinunter nach Berlebeck. Nicht einmal in die Pedale treten musste ich. Tat das gut. Und es machte richtig Spaß.
Der sollte aber direkt wieder im Keim erstickt werden. Von der Hauptstraße in Berlebeck bog ich nach wenigen Metern links ab und stand quasi vor einer Wand! Was war das denn bitte für ein Anstieg? Was zur Hölle…? Aber das waren nur Bruchteile von einer Sekunde, wo ich kurze Zweifel hegte das zu schaffen. Ich ging es einfach an. Einfach so. Einfach machen. Nicht nachdenken. Da hoch. Kräftezerrend in die Pedale tretend. Zwar eiernd am Ende…aber BUMMS…oben! Und gar nicht mal so außer Atem. Hätte ich nicht vermutet. Das zeigte mir aber, dass ich anscheinend schon eine ganz gute Grundkondition aufgebaut habe. Ich war zufrieden.



Oben an einem Aussichtspunkt traf ich einen netten, älteren Herren. Wir kamen kurz ins Gespräch, er kam aus der Gegend und fährt zu Trainingszwecken gerne mal mit dem alten 5-Gang-Fahrrad die Hügel rauf um Fit zu bleiben. Respekt! Er gab mir ein paar Tipps für meinen weiteren Weg und dann verabschiedeten wir uns. Jetzt sollte es nochmals richtig haarig werden. Das Hermannsdenkmal, gelegen auf dem Grotenburg, zeigt den Cheruskerfürsten Arminius, der in der Schlacht im Teutoburger Wald ( „Varus-Schlacht“ ) im Jahre 9 römische Legionen aufrieb. Ernst Handel war der Architekt dieser Kolossstatue, die im Jahre 1875 nach 38 Jahren Bauzeit eingeweiht wurde! Für alle, die mal einen auf Schlau machen wollen: bevor die Freiheitsstatue in New York errichtet wurde, war das Hermansdenkmal die größte Statue der westlichen Welt. ( Quelle: wikipedia 😉 )
Aber: ich musste ja erstmal auf den Berg kommen. Zuerst hatte ich gedacht, dass die Straße mehr von Autos befahren sein würde. Doch zu meinem Glück waren es nicht mehr als eine Handvoll. Das war mir recht so. Denn der Anstieg war hart. Sehr hart. Da wären Autos und Motorräder im Nacken nicht so angenehm gewesen. So plagte ich mich alleine regelrecht an diesem Berg ab. Die Oberschenkel brannten nach etwa der Hälfte an diesem mühseligen Anstieg. Da hieß es Zähne zusammenbeißen. Und plötzlich war ich oben. Keuchend und nach Luft ringend, aber oben! Und zu meinem Erstaunen auch schnell wieder erholt um die letzten Meter zum Denkmal zurückzulegen.

Auch hier waren viele Leute unterwegs. Klar, das Wetter war ja auch ideal für einen Ausflug. Imposant thront die Statue auf ihren Sockel, den man – natürlich gegen Eintrittsgeld – erklimmen kann. Der Blick geht weit über die Hügel des Teutoburger Waldes und Mittelgebirgszuges hinaus. Gerne wäre ich auch dort hoch gegangen, aber leider fand sich für mich nirgendwo eine adäquate Abstellmöglichkeit zum anschliessen für das Stelvio. Obwohl rings um das Denkmal genug Platz gewesen wäre. Schade. Und einfach so abstellen wollte ich das Rennrad nur ungerne. Also genoss ich so dieses gut besuchte Plätzchen, gönnte mir ein Eis und erfreute mich an dem schönen Wetter.

Die Abfahrt hinunter nach Hiddesen war rasant. Der Fahrtwind kühlte angenehm. Detmold war von hier gut zu sehen, doch lag nicht auf meinem Track. Dann liess mich mein geplanter Track von der Straße abweichen. Schotterweg! Mal gröber, mal feiner. Und ich mit meinen Slicks. Sollte ich das wirklich tun? Eigentlich ist das Rad nicht ideal für solche Wege. Irgendwie kam mein Gravel-Gen aber durch und ich fuhr im mäßigen Tempo den Weg. Ein echter Härtetest für die 25er Continental Grandsport Race! Zum Glück hatte ich die Reifen nicht ganz mit vollen Druck aufgepumpt. Das gab mir einen kleinen Puffer.

Glücklich in Augustdorf angekommen, fuhr ich durch einige Nebenstraßen mit schönen Häusern. Allesamt mit Vorgärten, die liebevoll gepflegt waren. Langsam stieg mir immer mehr der ganz typische Heidegeruch und der des Nadelwalds in die Nase. An einer Tankstelle versorgte ich mich noch mit neuen Wasservorrat, denn die nächsten Kilometer würde nichts mehr kommen und meine Trinkflasche war ziemlich leer. Der Truppenübungsplatz Senne war mein nächstes, spannendes Ziel. Er steht unter britischer Verwaltung, die NATO-Truppen spielen hier Krieg und Frieden. Ich hatte mich vorher schlau gemacht, ob die Durchfahrt überhaupt möglich ist. Das Netz lieferte mir alle Infos, die ich brauchte. Mein Weg durch die schöne Heidelandschaft der Senne bestand aus kilometerlangen Kopfsteinpflaster. Ein Vorgeschmack dessen, was mich auch in meinem Radurlaub in Belgien erwarten wird. Paris – Roubaix könnte hier auch als Nachahmung gedient haben. Überall standen Schilder, dass das Verlassen des Weges verboten ist. Es könnten ja irgendwo Blindgänger herumliegen.

Die Wüstung Haustenbeck innerhalb der Senne wurde 1659 gegründet. 1937 musste der kleine Ort dem erweiterteren Truppenübungsplatz weichen. Zurückgeblieben sind nur noch Reste der alten Kirchenmauern. Etwas grotesk sah das aus. Nun gut. Weiter über die „Cobbles“ der Senne kam ich am Panzerfriedhof vorbei. In der offenen Landschaft verteilt, waren sie schon Ziel für so allerlei Schiessübungen gewesen. Verrosteter Stahl und verbogene Geschütze zeugten von den vielen Übungen, die hier stattfinden müssen. In Deckung brauchte ich hier zum Glück nicht zu gehen. Stattdessen versuchte ich mit angemessenen Tempo einigermassen das Kopfsteinpflaster zu meistern. Zu schnell zu sein hieß eventuell die Kontrolle zu verlieren. Zu langsam zu fahren, hieß noch mehr Gerüttel in Kauf zu nehmen. Ich fuhr also möglichst eine ideale Kombination und kam dadurch gut vorwärts.


Eine Umwandlung des Truppenübungsplatzes in einen Nationalpark ist immer wieder mal Thema. Doch die Senne, so wie sie hier heute ist, würde ohne die militärische Nutzung nicht so aussehen. Keine Touristen, die hier munter durch die Landschaft wandern, sondern quasi unberührte Natur, die sich relativ frei entwickeln kann! Klingt komisch, ist aber so! Deshalb ist es gar nicht so schlecht, wenn dieses Gebiet weiter militärisch genutzt wird. Wer will denn auch schon durch ein Gebiet wandern, in der überall Blindgänger herumliegen könnten? Und wer will die alle wegräumen? Eine Sisyphusarbeit! Man findet zu dem Thema immer wieder Diskussionen in der Zeitung oder im Internet. Die Meinungen gehen teils weit auseinander.


Ich wollte einfach nur Radfahren. Und tat das auch. Nach dem Truppenübungsplatz kam nun quasi ein ausrollen für mich. Durch schöne, landwirtschaftlich genutzte Landschaft fuhr ich nun sehr gut asphaltierte Wege. Die Felder flogen nur so an mir vorbei. Es machte Laune dort mit dem Rennrad zu fahren. Nur sehr wenige andere Radfahrer kamen mir entgegen. Ein Weg wurde dann aber tatsächlich nochmals kritisch. Ein schmaler, aber herrlicher Feldweg musste dran glauben. Wieder nicht ideal für das Stelvio, denn hier kamen noch Wurzeln und scharfe Tannenzapfen hinzu. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Anscheinend der ultimative Test für die Reifen. Alles ging gut. Ich sollte das nur nicht zu oft machen.


Kurz vor Delbrück drehte ich quasi um und es ging auf feinkörnigen Weg den Böker-Heide-Kanal entlang. Anscheinend ist dieser sehr beliebt, denn hier waren wesentlich mehr Radfahrer unterwegs. Viele davon unterwegs zum beliebten Lippesee. Am Ende kam ich dann wieder nach Schloß Neuhaus. Rund 107 Kilometer standen auf dem Tacho. Eine schöne Tour war das, auch wenn sie nicht an allen Stellen für ein Rennrad geeignet war, machbar war sie trotzdem. Der sonnige Tag versüßte mir die Runde eh schon, da waren die wenigen, nicht rennradtauglichen Abschnitte leicht zu verschmerzen. Meine Beine blieben erfreulich frisch und auch der neue Sattel machte sich grandios! Dazu vielleicht bald mal mehr…

TOUR: Moor & Heide im DümmerWeserLand
Ich habe zu Hause gesessen und überlegt, wo ich denn die nächste Radtour machen könnte. Ich habe da so ein kleines „Archiv“ mit einigen Prospekten und Flyern verschiedener Radregionen. Das stöbere ich gerne mal durch und finde dort eigentlich immer eine Inspiration. Und so war es auch diesmal. Mir fiel ein Heft des „DümmerWeserLand“ in die Hände. Eine Landschaft, die von Moor und Heidelandschaften geprägt ist. Das – und die Fotos im Heft – gefielen mir auf Anhieb und flugs saß ich vor dem PC und studierte die Gegend für eine schöne, knackige Runde. Und so ging es zwei Tage später auch schon los auf die Radtour.
Rund zwei Stunden vom Ruhrpott entfernt liegt diese überraschenderweise verdammt flache Landschaft. Unmittelbar hinter Osnabrück, dem bergigen Tecklenburger Land und den Dammer Bergen meint man nicht so eine platte Ebene wie in den Niederlanden vorzufinden. Dafür pfiff mir der Wind aus südöstlicher Richtung leicht ins Gesicht, nachdem ich am Dümmer See startete. Der See hat übrigens eine Besonderheit. Er wird von der Hunte durchflossen! Das heißt, die Hunte fließt im Südwesten ein und im Norden wieder hinaus! Mit einer Wassertiefe von nur rund 1,4 Metern ist er nicht gerade tief. Dafür ist er vor rund 12.000 Jahren entstanden, zur letzten Eiszeit. Heute ist er ein beliebtes Erholungsgebiet und es gibt einige Campingplätze dort. Ich verließ den See mit dem Fahrrad. Aber wie bereits erwähnt zunächst in Richtung Südost. Ich sollte erst am Abend, am Ende der Tour, dort ein Stückchen entlang fahren.

Zunächst ging es an ein paar ruhigen Straßen aus Hüde, meinem Startpunkt, hinaus um weiter durch Lehmförde, Marl (Dümmer) und Brockum in die unendlichen Weiten an Feldern und Mooren entlassen zu werden. Auf den Straßen war kein Mensch unterwegs, vielleicht lag es auch daran, das Karfreitag war. In den kleinen Dörfern war es wie ausgestorben. Dafür gab es hier schon mal kurze Kopfsteinpflaster-Passagen wie beim Straßenrennen Paris-Roubaix! Außerdem entdeckte ich an einer Abbiegung einen interessanten Findling, einen sogenannten „Sühnestein“! Hier fanden im Mittelalter Gerichtsverhandlungen statt und die Verurteilten wurden genau hier an den Pranger gestellt! Sie mussten den Hohn und Spott und teilweise sogar Schläge der Dorfbevölkerung ertragen. So stand es auf einer kleinen Info-Tafel zu lesen. Ich hatte jedenfalls nichts getan, konnte hier nicht verurteilt werden und niemand konnte mich auf meinem Fahrrad aufhalten um mir einen drauf zu geben. Es war ja auch niemand da! Also ging es schnurstracks weiter.

Bald darauf gelangte ich zum Oppenweher Moor, einem Moor in der großen Diepholzer Moorniederung. Dieses Gebiet bietet vielen Tieren und Vögeln einen großartigen Lebensraum. Gerade als Brutgebiet für viele gefährdete Vogelarten ist diese Landschaft, die über Jahrtausende gewachsen ist, sehr bedeutend. Doch der Torfabbau in diesem Hochmoor hat deutlich Spuren hinterlassen. Das Gleichgewicht ist aus den Fugen geraten und man versucht mit viel Anstrengung dieses Gebiet zu renaturieren. Anscheinend mit Erfolg, denn die Natur beginnt sich zu erholen. Und so findet man hier auch Tiere wie die Kreuzotter oder den Moorfrosch. Im Herbst rasten hier tausende an Kranichen auf ihren Weg in den Süden.


Auf gravelartigen Pfaden erreichte ich am Rande des Moors einen kleinen Beobachtungspunkt. Da ich mich in der Natur sowieso meist sehr leise bewege, konnte ich hier viele Vögel zumindest hören, die sich irgendwo im Dickicht verbargen. Es war richtig schön dort und ich konnte die kleine Pause richtig genießen.
Und wo Moor ist, ist bekanntlich das Wasser nicht weit. Mein weiterer Weg am Rande dieses Naturschutzgebietes war deutlich mit Wasser getränkt. Nur wenige Zentimeter breite Stellen dieses Pfades waren befahrbar. Trotz Crossbikes. An einer Stelle musste ich sogar absteigen, über einen sehr schmalen Baumstamm balancieren und dabei mich auf das leicht einsinkende Rad abstützen. Wer mich da so gesehen hätte, der hätte wahrscheinlich lauthals angefangen mich auszulachen. Doch ich kam trockenen Fußes über diese kleine Moor-Passage! Und schon ging es weiter.

Und kurz darauf war ich auch schon wieder auf sehr angenehmen, asphaltierten Feldwegen unterwegs. Im Zick-Zack-Kurs ging es mal mit, mal gegen den Wind, mitten durch zahlreiche Felder. Zwischendurch immer mal vereinzelt ein Gehöft, aber niemand war hier zu sehen. Dabei war das Wetter ja recht gut, aber nicht ein Wanderer oder Radfahrer kam mir entgegen. Ich hatte die ganze Landschaft für mich alleine.
Bei Wehe kam ich zu einer sehr schönen Bockwindmühle, die bereits um 1650 errichtet wurde! Sie hatte einige Besitzer in all der Zeit bevor sie im Jahre 1953 stillgelegt wurde. Der Heimatverein Wehe nahm sich ihrer an und sie wurde in vierjähriger Arbeit restauriert. Heute finden dort viele Veranstaltungen statt. Da wird im angrenzenden Backhaus gebacken, schon mal ein Volkstanzfest oder ein Theaterstück aufgeführt. Es sah mir sehr nett dort aus, obwohl auch hier an diesem Tag ganz und gar niemand zu sehen war.

Selbst als ich nun auf eine breite Landstraße fuhr, an der kein Radweg angrenzte, fuhren nur zwei Autos an mir vorbei bevor ich Nordel erreichte. Da habe ich mich schon gefragt, ob das die dortige Normalität wäre mit so wenig Verkehr. Doch ein paar traurige Kreuze am Straßenrand lehrten mich da eines besseren. So verkehrsarm konnte es hier wochentags wohl doch nicht sein.
Ich kam nach Essern und bog in Richtung Naturschutzgebiet Uchter Moor ab. Ebenfalls ein Hochmoor, welches erst seit 2007 unter Schutz steht. Das Moor war jahrhundertelang sehr wichtig für die Bevölkerung. In anstrengender Handarbeit wurde hier Torf abgestochen. Als Brennmaterial für die Bewohner der Umgebung. Im 20. Jahrhundert wurde der Abbau durch mehrere Firmen industriell vorangetrieben. Doch heute gibt es nur noch ein einziges Unternehmen, die Firma Wintershall AG, die das Torfwerk Gewerkschaft Uchte im Jahre 1931 gründete. An dem Werk mit seiner Feldbahn, die den Torf aus dem Moor abtransportiert, kam ich am Ende meines Besuches ebenfalls vorbei. Zuvor radelte ich durch die deutlich gekennzeichnete Natur. Der Abbau hat hier deutlichste Spuren hinterlassen. Tiefe Gräben wurden hinterlassen, nur langsam holt sich die Natur ihr Gebiet zurück.

Ich kam zu einem weiteren Beobachtungsturm. Dort machte ich Rast und genoss den friedlichen und sehr stillen Ausblick aus luftiger Höhe in die Weite des Moores. Von hier oben konnte ich mir einen sehr guten Überblick über die Ausbeutung der Natur machen. Krumme Schienen von der ehemaligen Moorbahn konnte ich auch erkennen. Seit 2006 werden mit der ehemaligen Bahn Touristen in das Gebiet gebracht und ihnen wird die Natur des Moores näher erläutert. Momentan fuhr sie aber nicht und es waren keine Touristen zu sehen.


Dazu wurde im Jahr 2000 eine Moorleiche während des Torfabbaus entdeckt. Zunächst wurde von einem Kriminalfall ausgegangen. Erst fünf Jahre später wurde der archäologisch wertvolle Fund erkannt und die Leichenreste eines etwa rund 16-jährigen Mädchens auf das Jahr 650 v. Chr. datiert werden! Das Mädchen erhielt den Namen Moora. Die spannende Geschichte zum Fund der Moorleiche gibt es hier!
Am Werk des Torfabbau-Unternehmens konnte ich mir Gedanken darüber machen, wie wichtig der Torf für die Menschen dieser Region war bzw. noch ist. Schließlich hängen heute auch noch einige Arbeitsplätze daran. Viele befüllte Loren parkten direkt am Radweg auf den schmalen Schienen und warteten auf die Weiterverarbeitung. Doch an diesem Feiertag ruhte der Betrieb im Werk.


Das Werk bildete nun auch den Wendepunkt der Radtour. Von nun an blies mir der Wind in den Rücken, nachdem er mich vorher manchmal auf offenen Passagen geärgert hatte. Ich bemerkte auch das er deutlich zunahm. Besser an diesem Punkt , als schon ein ganzes Stück vorher. Und so ging es nun über tolle, einsame Straßen mit gutem Tempo zügig voran. Ein Tempo weit jenseits der 30 Stundenkilometer war kein Problem.

Ich passierte einige kleine Gehöfte, fuhr entlang kleiner Wald- und Moorlandschaften und hatte dabei immer guten Asphalt unter den Reifen. Die Geschwindigkeit machte natürlich Spaß, doch auf Freiflächen konnte der Wind schon mal kühl über den Rücken wehen. Der nächste Stopp war der Nordpunkt NRW. Das ist der aller, aller nördlichste Punkt von Nordrhein Westfalen. An dieser Stelle steht ein Fahnenmast mit der Fahne und dem Wappen NRWs. Ich hatte mich zwar die ganze Zeit meistens auf niedersächsischer Seite bewegt, doch die Grenzen der beiden Bundesländer verschwammen schon mal. An dieser Stelle kann man wunderbar eine kleine Rast machen. Man kann verschiedene Sonnenuhren ausprobieren, die dort aufgestellt wurden. Darunter sogar eine, die aus einem Fahrrad gebaut wurde. Durch Bewegung der Gabel kann man sowohl Uhrzeit als auch Jahreszeit ablesen. Coole Konstruktion!

Ich hatte richtig Spaß auf dem Fahrrad, die bereits gefahrenen Kilometer machten mir nichts aus. Der ganze Tag fühlte sich gut an. Weitere Kilometer später kam ich nach Wagenfeld. Auch dort fand ich eine alte Mühle vor, die allerdings erst im Jahre 1905 erbaut wurde und heute schon mal als Hochzeitsmühle des Standesamts dient. Nett anzusehen ist sie allemal.
Ein alter, eingefallener Bauernhof ein paar Meter weiter dagegen versprühte einen ganz anderen Charme. Das alte Fachwerkhaus hatte seine beste Zeit längst hinter sich. Teile des Dachstuhls waren eingefallen. Ein großer alter und knorriger Baum, wie er so typisch an alteingesessenen Höfen Norddeutschlands ist , ließ seine Äste trostlos übe die dicken Mauern der Umzäunung hängen. Ein dickes Vorhängeschloss am Tor zur Einfahrt auf dem Hof versperrte mir den Weg für weitere Ansichten. So blieben mir nur Fotos vom Tor aus zu machen.

Der späte Nachmittag war erreicht. Doch einen Aussichtsturm in einem weiteren Moorgebiet hatte ich noch auf der Karte. Das Rehdener Geestmoor ist ein Regenerationsgebiet. Der Torfabbau ist auch hier allgegenwärtig und war ebenfalls wichtig für die naheliegenden Dörfer der Umgebung. Doch ab 1984 wurde die Renaturierung vorangetrieben, Gräben verfüllt, kleine Staudämme gebaut, die Gegend entbirkt und dadurch versucht, das Wasser des Moores zu stauen, damit die einzigartige Moorlandschaft erhalten bleibt. Auch Schafherden spielen eine große Rolle bei der Beweidung der Moor- und Heideflächen. So wird das Gebiet offen gehalten und viele Vogelarten kehren zurück in das Gebiet. 2004 wurden die Maßnahmen erfolgreich beendet, eine weitere Beweidung ist aber weiterhin von Nöten.

Infotafeln am Fuße des Turms veranschaulichten das Leben im und mit dem Moor. Als ich gerade weiterfahren wollte, kamen mir zum ersten Mal Leute entgegen, die auch diesen Punkt besuchen wollten. Doch da trat ich schon wieder in die Pedale und verschwand auf weiteren Wegen zwischen Feldern und riesigen Windrädern, die über mir Kreise zogen. An einem Reiterhof hatte ich eine kleine Zeitreise, denn da stand eine alte Telefonzelle als „Museumsstück“ vor der Einfahrt. Noch mit alten Telefonbüchern, die man früher da mit drin hatte. Krass.

Jetzt war es nicht mehr weit. Ich erreichte Lembruch am Dümmer See. Es war schon Abend geworden, Wolken waren aufgezogen, die Sonne blinzelte nur noch sparsam durch die Wolkendecke und würde bald untergehen. An der Promenade am See angelangt, sah ich zum ersten Mal eine richtige Ansammlung von Menschen, die dort spazieren gingen. Der angelegte Sandstrand war leider von Vögeln ziemlich zugek…kt und war nicht wirklich schön. Alles sah bei dem trüben Tageslicht etwas heruntergekommen aus.

Es war spät geworden, eine Umrundung des Sees war leider nicht drin. Vielleicht hätte es dort auf der anderen Seite ein wenig anders ausgesehen. Doch trotzdem war es ein ausgezeichneter Tag und eine tolle, informative Radtour, als ich am Startpunkt in Hüde wieder ankam. 104 Kilometer mit vielen Foto-Stopps waren das. Wer das mit seinem Fahrrad nachfahren möchte, dem sei der gpx-Track zum Download ans Herz gelegt. Man kann aber auch jederzeit die Tour abkürzen, zum Beispiel wenn man über den Ort Preußisch Ströhen fährt. Die Moorgebiete – und es gibt noch einige andere in der Gegend! – sind aber einen Besuch absolut wert! Spaß macht es natürlich Auch Wanderrundwege gibt es dort einige. Mir hat das sehr gut gefallen und ich denke, ich werde irgendwann diese Landschaft und die Region noch einmal besuchen.
TOUR: Emsland-Runde
Herbst. Tiefer Herbst. Morgens wird es spät hell, Abends früh dunkel. Und ausgerechnet dann muss ich natürlich eine Radtour im wunderschönen Emsland planen. Und doch war mir das ziemlich egal, denn einen freien Tag sollte ich schon mal für eine nette Runde nutzen können. Also schwupps, ab nach Meppen, dem Ausgangspunkt meiner Fahrradtour. Start war am dortigen Bahnhof. Laut Wetter-App sollte es an diesem Tag trocken bleiben, vereinzelt mal die Sonne durchkommen, aber letzten Endes war es dann leider eher grau. Ich bin aber schon dankbar, das es nur kurz nieselte. Doch das soll diese schöne und mit ein paar Sehenswürdigkeiten gespickte Tour nicht schmälern!

Die ersten Meter musste ich mich durch die schmalen Straßen von Meppen wühlen, der Durchgangsverkehr war nicht so schön. Dabei hat Meppen doch einiges zu bieten. Denn die Kreisstadt ist umgeben von Wasser. Der Dortmund-Ems-Kanal mündet hier in die Ems, dazu kommt die Hase und Nordradde. Wichtige Punkte um eine blühende Stadt zu errichten. Sogar fürstbischöfliche Festungsstadt war Meppen einst. Das schöne Rathaus der Stadt stammt aus dem Jahre 1408, die im Spätbarock gebaute Gymnasialkirche von 1746. Und wer sich für die Region, Land und Leute interessiert, der sollte einen Besuch im Moormuseum einplanen.


Schon kurz hinter Meppen überquerte ich das erste mal die Nordradde, ein Nebenfluss der Ems. Und schlagartig wurde es auch schon ruhiger. Der Verkehr der Stadt lag jetzt hinter mir und Ruhe umgab mich. Von Wind, man höre und staune, war nichts zu spüren. Links von mir lag der größte militärische Schießübungsplatz Europas, auch WTD91 genannt. Genutzt wird er von der Bundeswehr. Und wenn man einmal in die Geschichte dieses Areals schaut, kann man auch eine Verbindung zu meiner Heimatstadt Essen feststellen. Denn schon 1877 richtete das weltbekannte Essener Unternehmen Krupp dort erstmalig einen Übungsplatz ein! 1936 wurde das Gelände nach einem Besuch Adolf Hitlers erweitert. Der Ort Wahn war in diesem Zuge schlicht und einfach im Weg und rund 1000 Menschen wurden in dieser nationalsozialistischen Zeit zwangsumgesiedelt. Die einen nach Lathen, die anderen nach Rastorf. Danach wurde der Ort samt Kirche dem Erdboden gleichgemacht. Dazu später aber noch etwas mehr.


Ich radelte dem Geest-Radweg entlang, der in seiner Gesamtlänge von 177 Kilometern von Meppen bis an die Weser führt. Kurz vor Apeldorn stieß ich dann das erste mal auf die „Straße der Megalithkultur“ mit zum Teil über 5000 Jahre alten Großsteingräbern. Manche davon lagen auch auf meiner Route. Vorbei an abgeernteten Maisfeldern und kahlen Stoppel-Feldern kam ich also zunächst in dieses kleine, verschlafene Örtchen. Mittagszeit ist Essenszeit, und so lag es nahe, im örtlichen „Snack-Shop“ – sogar mit ebike-Ladestelle ( das nur am Rande ) – sich mit Essbarem einzudecken. Hier habe ich für einen überschaubaren Preis von 2,60 EUR doch glatt zwei frisch geschmierte Wurstbrötchen bekommen. Und auch sonst hätte jeder hungrige und durstige Radlermagen hier etwas gefunden. Im Grunde also war es dort wie in einem kleiner Tante Emma-Laden. Perfekt.


Ein Stück weiter bei Bruneforth wäre ich dann fast an einem wirklich außergewöhnlichen Großsteingrab vorbeigerauscht. Wie man auf der dortigen Infotafeln lesen kann, gilt dieses Grab als eines der mächtigsten und schönsten des Emslandes. Unter den knorrigen Eichen und dem grau des Himmels wirkte es mit seinen 25 Metern Länge recht imposant. Auf einer kleinen Kuppe gelegen, in der Mitte der Anlage ein doch sehr auffallend bizarrer Baum, gab diesem Ort einen mystischen Touch. Auf einer Bank machte ich dort eine Pause und verdrückte dort andächtig meine zwei Brötchen. Vor langer Zeit, im 19. Jahrhundert, wurde sogar einmal versucht dieses Großsteingrab zu sprengen. An manchen Steinen kann man sogar noch Sprenglöcher entdecken. Aber anscheinend hat das wohl nicht so ganz geklappt. Aus welchen Gründen auch immer und zum Glück für die Nachwelt!

Direkt um die Ecke gibt es in Bruneforth eine Wassermühle, an der Nordradde gelegen. Das besondere daran? Sie wurde schon im Jahre 1545 urkundlich erwähnt. Dazu wurde sie, wie man bei der Renovierung im Jahre 1985 feststellte, auf Eichenpfählen errichtet, was sehr ungewöhnlich ist. Als Sägemühle war sie bis ins Jahre 1971 in Betrieb. Ein angrenzender schöner Rastplatz lädt zum verweilen ein. Zumindest bei schönerem Wetter. Und außerdem konnte ich ja nicht schon wieder ein Päuschen machen.
Mein Rad rollte weiter, die Pedal-Tritte fielen mir leicht. Das liegt natürlich auch am recht flachen Emsland. Es muss ja nicht immer bergauf und bergab gehen. Entlang der Felder radelte es sich gut. Manche davon waren frisch umgepflügt, auf anderen waren schwere Traktoren mit Kartoffelrodern unterwegs um die „Erdäpfel“ zu ernten. Der Geruch aufgewühlter, lehmiger und feucht-frischer Erde stieg mir in die Nase.


Aber auf den Feldern gab es auch noch etwas anderes zu sehen. Nämlich etliche Windkrafträder, die hier gerade alle Nase lang hochgezogen wurden. In schwindelerregender Höhe waren die Bauarbeiter in ihren orange farbigen Jacken als kleine Pünktchen zu erkennen. Sie verbauten die Teile, die der voll ausgezogene Lastenkran ihnen in dieser Höhe anlieferte. Das sah schon imposant aus. Doch landschaftlich ist es leider genau das Gegenteil.


Weiter durch würzige Kiefernwäldchen und viele weitere Felder kam ich dann auch schon zum nächsten Highlight dieser Tour. Schloss Clemenswerth, das als Jagdschloss konzipiert ist. Kurfürst Clemens August I. ließ es zwischen 1737 und 1749 erbauen. Das besondere an diesem Schloss ist die Jagdsternlage, weltweit die einzig erhaltene dieser Art! Die achteckige Anlage aus dem Spätbarock besitzt mittig das Hauptschloss und rundherum acht Nebenhäuser. Diese sind mit den Fenstern so ausgerichtet, das man genau in die Sichtschneisen des wunderschönen Parks schauen kann. Den sollte man sich unbedingt anschauen, es lohnt sich. Außerdem gibt es dort auch einen Kloster- und Ziergarten, wie es damals üblich war. Eine breite Allee mit Sicht auf das Hauptschloss führt von der anderen Seite zu der Anlage. Diese Alle radelte ich hinunter, vorbei am Marstall, dem ehemaligen Pferdestall des Fürsten. Das schöne Gebäude ist halbrund geschwungen und beherbergt heute das Jugendbildungswerk. Gut gefallen hat mir das es an diesem Tag am Schloss doch recht einsam war. So gut wie keine Menschenseele war dort anzutreffen. An wärmeren Tagen wird das anders sein, aber so konnte ich mich in aller Ruhe dort umschauen und auch die Seele baumeln lassen. Herbstsage können also auch etwas Schönes haben.

Direkt am Fuße der Anlage liegt das nette und gepflegte Örtchen Sögel mit seinem einladenden Marktplatz und der St. Jakobus Kirche. Und hier sollte sich jetzt auch entscheiden, wie meine Radtour nun weiter verlaufen sollte. Denn ich hatte zwei Optionen. Laut Internet wäre die Verbindung zwischen Sögel und Renkenberge nämlich wegen dem Schießübungsplatz geschlossen bis 18 Uhr. Daher würde meine Alternativ-Route ab hier nun weiter östlich verlaufen. Da ich mir aber nicht sicher war fragte ich einen Ortsansässigen, der mit seinen Hunden unterwegs war. Der konnte mir bestätigen, das da heute nichts mehr passieren würde auf dem Übungsplatz und die Durchfahrt offen sei. Das hörte sich doch gut an, denn dann könnte ich auf meiner favorisierten Route weiter radeln. Also nix wie los.

Ein paar hundert Meter vor dem kaum wahrnehmbaren „Eingang“ gab es dann Anzeigen und Schranken, die allesamt aus oder oben waren, sowie ein Wärterhäuschen mit lustigem Ofenrohr obendrauf, in dem sonst die Soldaten ihren Dienst taten. Doch alles war hier verrammelt und verriegelt, kein Soldat weit und breit. Der Hundebesitzer hatte also Recht gehabt. Ich konnte neben der Landstraße auf dem Radweg weiterfahren. Das dieses Areal ein Schießübungsplatz war, konnte man kaum erkennen. Rechts und links waren überall Felder, die von den Bauern der Umgebung bewirtschaftet wurden. Lediglich so eine Art Feldbunker/ Überwachungsposten war auf einem Feld in der Ferne zu sehen. Und natürlich Warntafeln, die auf den militärischen Sicherheitsbereich aufmerksam machten.


Und das war dann auch mein nächstes Problem. Im Internet hatte ich gesehen, das es dort ein Feld gibt, auf dem 24 alte Panzer stehen würden. Der Besuch dort war in diesem Forum ein Tipp gewesen! Da wollte ich eigentlich hin. Doch teilweise waren die Schranken an den Feldwegen unten, ein umgehen war laut Schildern strengstens verboten. Am nächsten Feldweg dagegen war die Schranke oben, doch ein Schild wies explizit darauf hin, das dort Lebensgefahr herrsche wegen möglichen Blindgängern und das unbefugtes Betreten strafrechtlich verfolgt wird. Klar sollen solche Schilder natürlich auch abschrecken. Aber was würdet ihr machen? Würde eure Neugier siegen? Ich wagte mich jedenfalls rund hundert Meter auf den Feldweg bis zum Ende des Baumbewuchses hinein um wenigstens mal einen kleinen Blick auf die Panzer zu werfen. Laut meiner App wäre das von dem Punkt möglich. Und in der Tat konnte ich die Reste dieser Kriegsmaschinen in einiger Entfernung ausmachen. Doch sie waren zu weit weg um vernünftige Fotos zu machen und sich diese Dinger mal anzuschauen. Und ehrlicherweise war mir das Risiko auch irgendwie zu groß. Und da ich auch nicht wusste wie das Betreten der Umgebung z.B. am Wochenende für die Bevölkerung aussieht, habe ich es dann auch Gut sein lassen.

Dafür konnte ich mir dann das alte Dorf Wahn anschauen oder vielmehr das, was davon noch über war. Denn wo jetzt dichtes Buschwerk wächst standen einst die Häuser der Bewohner der Ortes. Auf einer Lichtung konnte ich am deutlichsten die Umrisse der alten Kirche erkennen. Auf einer Infotafel waren Fotos angebracht wie sie damals aussah. Und auch so waren kleine Tafeln überall verstreut mit alten Fotos von Häusern, die dort an der Stelle einst standen und welche Familie des Dorfes dort wohnte. Das war schon ein wenig skurril, das muss ich gestehen.
Weiter ging es nun immer auf dem Radweg der Landstraße entlang. Der Autoverkehr war gering. Ringsherum sah alles friedlich aus. Felder, Wald und Wiesen. Nichts ließ darauf schließen das ich mich jetzt mitten auf einem Schießplatz befand. Es zog sich einige Kilometer hin bis ich das Wärterhäuschen auf der anderen Seite erblickte. Auch hier war alles zu. Ich hatte das Gebiet hinter mir.

Durch das verschlafene Örtchen Renkenberge traf ich schon kurz darauf auf eine weitere, sagen wir mal Sehenswürdigkeit. Ich stieß auf die ehemalige Teststrecke der Magnetschwebebahn Transrapid. Vom Bundesforschungsministerium gefördert wurde hier auf einer einspurigen Strecke von 12 Kilometern und einer Wendeschleife an beiden Enden die Möglichkeiten solch einer schwebenden Bahn auf einer Art Ständerwerk getestet. Die Entwicklung startete 1978 und 1983 befuhr der Transrapid erstmals die Teststrecke. Im Jahre 1993 wurde hier der Rekord von 450 km/h mit dieser Bahn aufgestellt. U.a. in Shanghai ist durch diese Forschung und Entwicklung der Betrieb solch einer Magnetschwebebahn möglich geworden.
Im September 2006 ereignete sich allerdings ein verheerender Unfall, bei dem 23 Menschen starben und der Transrapid ein Totalschaden war. Menschliches Versagen führte zu diesem Unglück, bei dem sich der Transrapid mit über 160 km/h unter einen noch auf der Strecke befindlichen, 60 Tonnen schweren Werkstattwagen bohrte. Der Betrieb wurde bis Juli 2008 erst einmal eingestellt. Die Betriebsgenehmigung lief noch bis November 2011, der Bund beschloss Gelder in Höhe von 40 Millionen Euro für den Abbau der Versuchsanlage bereitzustellen. Der Abbau hat aber immer noch nicht begonnen. Wer weitere Infos zum Transrapid, zum Unglück und zur weiteren Nutzung des Geländes haben möchte, der möge HIER und HIER klicken.

Ich war jedenfalls erstaunt über diese Konstruktion, die schnurgerade etliche Kilometer vor sich hin verrottete. Es wirkte gegen das Grau des Himmels düster und aus einer anderen Zeit stammend. Kaum vorzustellen das hier noch gar nicht vor all zu langer Zeit eine Hightech-Bahn verkehrte. Düster war es dann auch an der kleinen Gedenkstätte für das Unglück. Just in dem Moment fing es an zu nieseln. Hinter einem kleinen Glaskasten waren Erinnerungsfotos der Verstorbenen und Gedenkkarten zu sehen. Im Boden war auch ein großes Holzkreuz verankert, vor dem Grablichter standen. Ich verließ diesen Ort und radelte im feinen Regen noch ein Stück weiter auf dem Weg unterhalb der alten Trasse.

Ich erreichte Lathen und traf hier das erste mal auf die Ems. Der Regen hatte schon wieder aufgehört, es blieb aber grau. Der Radweg direkt an der Ems war menschenleer. Auf dem Fluss war kein Schiff zu sehen. Ich radelte zufrieden in dieser schönen, klaren Luft auf dem prima ausgebauten Radweg. Mein Rad fuhr sich leicht und fröhlich, die Landschaft war herrlich. Hohe Pappeln waren auf der anderen Flussseite zu sehen, ein Traktor pflügte die Erde auf dem Feld um. Im Sommer mag es zwar wärmer und die Farben fröhlicher sein, aber auch diese Jahreszeit hat durchaus ihren Reiz.
Die Ruhe und Einsamkeit, wenn die meisten Fahrradfahrer schon ihre Räder wieder im Keller eingemottet haben, ist manchmal gar nicht so schlecht. Man lässt die Hektik hinter sich, man findet immer freie Bänke, die im Sommer sonst rar gesät sind, um ein Päuschen zu machen. Das Wetter ist halt nicht unbedingt für jedermann etwas. Aber ich nur wärmstens empfehlen sich auch mal zu dieser Zeit auf das Rad zu schwingen und solche Radtour zu machen.

Über eine Brücke gelangte ich bald darauf nach Haren, das mit seiner eher an einem Tempel erinnernden St. Martinus-Kirche recht beschaulich wirkte. In der kleinen, aber feinen Innenstadt besorgte ich mir beim Metzger etwas deftiges zu Essen. Die verbrannten Kalorien wollten schließlich wieder aufgefüllt werden. Die Zeit war an diesem Nachmittag schon weit fortgeschritten, es fing schon leicht an zu dämmern. Ich hatte noch ein paar Kilometer vor mir und deshalb konnte ich mir die Stadt leider nicht mehr genauer anschauen. Das wäre bestimmt noch interessant geworden, denn sie blickt auf eine lange Geschichte von rund 1200 Jahren zurück. Ein wenig schade für mich, aber es half alles nichts, ich musste weiter.



Durch Marschland radelnd kam ich zur Hünteler Schleuse, die ich überqueren musste. Ein Schiff wurde gerade auf das tiefere Niveau des Dortmund-Ems-Kanals abgesenkt. Die Laternen auf dem Gelände der Schleuse waren schon alle an, während ich weiter den Kanal entlang fuhr. Hier war jetzt keine weitere Beleuchtung mehr vorhanden. Und es war nun Dunkel. Aber wozu hat man schließlich eine gute Beleuchtung am Fahrrad? Mir macht es nichts aus in der Dunkelheit zu radeln, nur leider sieht man dann auch nichts mehr richtig von der Umgebung. So erreichte ich schließlich wieder Meppen. 86 Kilometer verbuchte mein Tacho für sich. Eine schöne Rad-Tour war nun zu Ende und die Erkenntnis gewonnen, das es im Herbst schon mal schwierig sein kann eine große Radtour komplett im Hellen zu absolvieren, wenn es unterwegs viel zu sehen gibt.
Den Track gibt es hier in Form einer gpx-Datei zum freien Download!
TOUR: Verdener Fahrradrunde
Zugegeben, eine ganze Runde wurde diese Radtour leider nur theoretisch auf dem Papier, denn ein unvorhergesehener Defekt ( dazu später mehr ) bereitete der Tour nach rund 80 Kilometern ein unfreiwilliges Ende. Doch immerhin ist dies auch schon eine ordentliche Kilometerzahl für eine Tagestour. Darum gibt es trotzdem diesen „kleinen“ Reisebericht. Man könnte ihn also auch „die halbe Verdener Fahrrad-Runde“ nennen. Am Ende gibt es aber den gpx-Track als komplette Tour zum herunterladen.

Doch von vorne. Mich verschlug es nach Norddeutschland. Genauer gesagt in die Reiterstadt Verden/Aller, in der Nähe von Bremen. Wer sich für Pferde interessiert, der sollte diese Stadt kennen. Und wer Ruhe und Gelassenheit sucht, ländliche Einsamkeit und Idylle mag, der ist im Landkreis Verden ebenfalls bestens aufgehoben. Von meinem Domizil in dem wirklich kleinen Dorf, eher sogar Dörfchen, namens Schafwinkel in der Gemeinde Kirchlinteln, brach ich nun also standesgemäß ganz kitschig bei blauen Himmel und Sonnenschein früh morgens auf. Klingt toll, war aber noch verdammt frisch. Damit muss man ja um diese Jahreszeit noch rechnen. Trotzdem entschädigt so einer wunderschöner blauer Himmel natürlich kräftig und die Laune wird dadurch auch noch zusätzlich angehoben. Somit war alles angerichtet für einen erstklassigen Radtouren-Tag.

Die ersten Kurbelumdrehungen dienten erst einmal zum warm werden und um meinen Rhythmus zu finden. Na gut, da ich ja doch gerne unterwegs Fotos mache entwickelt sich ein konstantes Treten der Pedale etwas schwierig. Aber egal. Ich wollte ohne Hast radeln und lieber die Natur dabei genießen. Die frische, leicht feuchte Luft machte mich wach und tat herrlich gut. Zwischen den Feldern ging es durch die Lintelener Geest, wo ich schon nach wenigen Kilometern interessante Geschichten über diese Gegend erfuhr. Nach dem Krieg herrschte großer Mangel an Tabakwaren in der Region, die Nachfrage war groß. Da Bremer Tabakfirmen noch keinen Zugang zum Überseehandel hatten, wurden Bauern gesucht, die Tabak anpflanzen sollten. In Brunsbrock ließen sich vier Landwirte darauf ein und in den 1950er Jahren war der Anbau auch sehr lukrativ. Doch schon in den 1960er Jahren wurde es stetig schwieriger so auf dem Markt zu bestehen. Zurück blieb hier in Brunsbrock ein Schuppen zur Tabaktrocknung aus der damaligen Zeit.

Kurz darauf musste ich mir auch schon eine Umleitung wegen einer Baustelle suchen. Das gestaltete sich nicht ganz so einfach, denn Abzweigungen an einsamen Landstraßen lassen sich manchmal nur nach etlichen Kilometern finden. So irrte ich zuerst auch auf ein paar Feldwegen durch die Gegend, bis ich wieder auf meinen ursprünglichen Weg kam. Ich war auf der „Allee des Jahres 2015″, die von schönen Eichen gesäumt wird und ein Kopfsteinpflaster besitzt. Doch keine Sorge, ein schmaler Pfad neben der Straße ist auch für Radfahrer nutzbar! In Kirchlinteln gab es dann noch einen Supermarkt um sich für den Tag mit Verpflegung einzudecken. Von dort ging es weiter in Richtung Weitzmühlen.

Auf diesem Weg liegt die sogenannte „Hügelgräber-Heide“, mit Gräbern aus der Bronzezeit. Diese ungefähr aus den Jahren 2500-1400 v. Chr. stammenden Gräber liegen in einem wunderbaren Naturschutzgebiet und laden förmlich zur Pause ein. Ich allerdings wollte nach den wenigen Kilometern noch nicht an Pause denken und radelte weiter entlang der Landstraße, sicher auf dem Radweg und weiter in Richtung Verden. Durch ein kleineres Industriegebiet landete ich dann unvermittelt an der Aller. An der Stelle gab es sogar früher einmal eine Burg, von der heute rein gar nichts mehr existiert. Nur durch die Entdeckung ehrenamtlicher Denkmalpfleger auf alten Karten weiß man davon. Man schätzt, das diese Burg im 10. Jahrhundert gebaut wurde, aber nicht lange hielt. Die Wikinger verwüsteten die Küsten und das Binnenland Niedersachsens in dieser Zeit. Heute wird diese Gegend Burgberg genannt.


Und ein paar wenige Meter weiter war ich auch schon in Reichweite der Aller. Die Aller entspringt in der Magdeburger Börde in Sachsen-Anhalt und ist rund 260 km lang. Bei Verden fließt sie dann in die Weser. Hier am Ufer war es schön. Oberhalb des Ufers muss man aus den netten, kleinen Häusern einen schönen Ausblick haben. Die Altstadt von Verden streifte ich hier nur am Ufer, aber beeindruckte mich schon sehr. So schöne alte und reich verzierte Fachwerkhäuser bekommt man nicht so oft zu sehen. Als Tipp an dieser Stelle also: sich unbedingt dort einmal umschauen! Zu den Fachwerkhäusern gesellen sich nämlich noch weitere Wahrzeichen der Stadt, nämlich unter anderem der Dom zu Verden, erbaut zwischen 1290 und 1490, die spätromanische Kirche St. Andreas mit dem wuchtigen Spitzdach und natürlich das Rathaus mit seinem markanten Turm, welches zwischen 1730 und 1733 errichtet wurde! Ein wenig Zeit einplanen sollte man, wenn man die Stadt noch nicht kennt. Ok, ich gebe zu, ich kenne sie schon von einigen Besuchen her und habe mir das dann für die Radtour geklemmt.


Doch was ich noch nicht wusste, das John Lennon hier sogar für einen Anti-Kriegsfilm gedreht hat! Eine unscheinbare Bronze-Platte an einer noch unscheinbareren Stelle erinnert daran. Fast wäre ich daran vorbei gerauscht. Aber ist ja noch mal gut gegangen und dieses Highlight kann ich als gesehen verbuchen. Noch ein paar Meter weiter und ich überquerte die Aller über der Brücke am Klusdamm. Dort kann man einen herrlichen Ausblick über die ganze Stadt bekommen. Für richtig tolle Fotos stand die Sonne leider zu hoch und das Licht war schlecht. Ich hoffe sie sind trotzdem annehmbar. Jedenfalls machte ich hier einige Augenblicke lang Pause und genoss die Aussicht in die Allerniederung, Heimat vieler Pflanzen und Tiere wie Schwanenblume, Pfeilkraut, Sumpfschwertlilie sowie Haubentaucher, Malermuschel und Kiebitz. Jetzt hieß es aber die Stadt etwas aus den Augen zu verlieren und der Aller mal nah, mal fern, stromaufwärts zu folgen und in das Marschland einzudringen.



Hinter Wahnebergen kam ich der ruhigen Natur näher, noch immer war das Stadtbild zu sehen. Durch den sich dahin schlängelnden Verlauf des Radwegs konnte ich so zunächst immer mal wieder eine andere Perspektive auf Verden erhaschen. Doch die Silhouette wurde immer kleiner, irgendwann verschwand sie dann ganz. Das Marschland umfing mich nun mehr und mehr. Das Rad lief prima, ich fühlte mich gut und genoss den seichten Wind, der durch die Graswiesen strich. Andere Radfahrer? Fehlanzeige. Nur ich und das gleichmäßig surrende Geräusch der breiten Reifen auf dem Asphalt am Deich. Es war schön hier zu radeln, doch er nahm mir aber auch zunächst die Sicht auf den Fluss. Kurz vor Ahnebergen gab es eine Bank oberhalb des Deiches. Da musste ich einfach anhalten um in dieser Ruhe der Natur Rast einzulegen. Zahlreiche Vögel waren in den Wiesen zu beobachten und ließen sich von mir gar nicht stören. Die Aller war gar nicht so deutlich zu erkennen an dieser Stelle, auf der andere Seite lag das Dorf Luttum, verborgen hinter Marsch und Wald und für mich ebenfalls nicht zu sehen.




Ich folgt weiter dem Aller- und dem Lüneburger Heide-Radweg auf denen ich mich befand. Wegen einer Baustelle musste ich bei Barnstedt eine kurze, aber reizvolle Umleitung radeln, vorbei an Feldern und Wiesen, um dann im Dörfchen Westen wieder eindrucksvoll auf die Aller zu treffen. Hier gibt es den Aller-Hafen, eine kleine Anlegestelle mit der zweitkleinsten Fähre Deutschlands, die aber anscheinend um diese Zeit Ende April noch nicht in Betrieb war. Sie verbindet Westen mit dem gegenüberliegenden Ort Otersen und wird bereits mit Solarenergie und Elektromotor betrieben! Einen Schlenker durch dieses Dorf sollte man machen, es gehört zu den ältesten Siedlungen im Aller-Weser-Dreieck! Das schmucke alte Amtshaus aus dem Jahre 1760 ist heute ein Mehrgenerationen-Haus. Dazu die St. Annen-Kirche, die Bischof Iso von Verden ab dem Jahre 1290 aus Backsteinen erbaute, erst als Wehrturm, dann mit weiterem Ausbau eines Kirchenschiffes bis 1782. Sie gehört zu den ältesten Kirchenbauten im Landkreis Verden! So ein kleines Dorf, aber soviel Geschichte. Man lernt nie aus!



Ich stieg wieder aufs Rad und radelte weiter den Aller-Radweg entlang. Der Wind war nach wie vor frisch, aber trotzdem angenehm. Die Luft in der Lunge fühlend ging es weiter durch das Marschland. Die Aller windet sich hier in ihrem Lauf. Meine Stimmung war gut, wie sollte es auch anders sein. Das nächste Dorf auf meinem Trip hieß Hülsen und hat ebenfalls etwas aus der Historie zu erzählen.
So gibt es dort das sogenannte „Schafstallviertel“. Da man sich hier in der Heide befindet, gab es natürlich auch Schafe und Schafställe. Die Besonderheit liegt darin, das all die Ställe hier ohne erkennbare Anordnung auf engem Raum am Rande des Ortes errichtet wurden. Sie boten den Tieren Schutz vor Wölfen und den neugeborenen Lämmern Schutz vor der Kälte in den strengen Wintermonaten. Außerdem wurden sie nicht vollständig geschlossen gebaut, denn die Schafe haben einen hohen Bedarf an Sauerstoff und somit frischer Luft! Die Ställe stammen aus dem 17. Jahrhundert. Einst standen dort etwa 30 Stück, übrig geblieben sind 9 davon und stehen unter Denkmalschutz. Genutzt werden sie heute auch für kulturelle Veranstaltungen.

Interessant ist auch die Geschichte des Kaliabbaus im Aller-Leine-Tal. Zwischen 1906 und 1920 wurden dreizehn bis zu 700 Meter tiefe Schächte abgetäuft um das begehrte Kaliumchlorid zu gewinnen. Aus einstigen Bauerndörfern wurden Industrieorte und die Bevölkerungszahl stieg rasant an. Doch die Blütezeit war nur von geringer Dauer. Mitte der 1920er Jahre ging es genauso schnell wieder bergab. Im zweiten Weltkrieg wurden einige Schächte noch teilweise als Depot von Munition genutzt. Heute zeugen ein paar ehemalige Arbeiterhäuser von der kurzen Hochphase des Kaliabbaus in der Region. Unterwegs erzählen Hinweistafeln von dieser Geschichte. Einen passenden Radweg gibt es zu dem Thema übrigens auch!

Und da wir ja eben schon mal kurz beim Thema Wölfe waren: es gibt seit rund einem Jahr sogar einen neuen Radrundweg der das Thema Wölfe thematisiert. Am Wegesrand stehen diverse Informationstafeln, die über einige wissenswerte Dinge über diese Tiere berichten. Dazu wird spannend die Geschichte des „Würgers von Lichtenmoor“ erzählt, eines besonders großen Rüden, der im Jahre 1948 erlegt wurde und vorher dort sein Unwesen trieb. Ich muss ja zugeben, das ich doch einige male ins Gebüsch geblickt habe ob da nicht so ein possierliches Tierchen auf mich wartet. Man muss halt solche Geschichten gut verkaufen können damit die Leute sich gruseln. Der eigentliche Radrundweg ist im übrigen 90 Kilometer lang und begleitete mich ein Stück meines Weges, auch auf einem Stück einer alten Bahntrasse. Dazu gleich noch mehr.

Der nächstgrößere Ort war nun Rethem. Die kleine Stadt wird umgeben von Wäldern und Moor und blickt zurück auf eine 650-jährige Geschichte. Heraussticht unter anderem die bekannte Bockwindmühle von 1593, ein beliebtes Fotomotiv bei den Besuchern, wenn sie durch den Londypark spazieren. Auch der Skulpturenpark im Burghof Rethem ist sehenswert. Besonders gefiel mir auch die Marienkirche, die 1839 geweiht wurde. Am schön gelegenen Rathaus, einem Fachwerkbau von 1792, gibt es im übrigen auch eine Ladestation für Ebikes. In dieser Region wird dankenswerter Weise gerne an Radfahrer gedacht. Verweilen in diesem netten Örtchen lohnt sich also.



Bis hier hin war ich also teilweise auf der alten Bahntrasse der Allertalbahn unterwegs. Sie verband einst Verden über Rethem, Schwarmstedt und Celle mit Gifhorn. Das Teilstück, auf dem ich nun mit dem Fahrrad fuhr, wurde zwischen 1903 und 1905 eröffnet, der andere Teil erst später. Heute sieht die Strecke recht unscheinbar aus, nur wenig lässt auf eine ehemalige Bahntrasse schließen. Man muss da schon zweimal hinschauen um dies zu erkennen. Zum Beispiel am alten Bahnhof Eilte, heute Wohnhaus, kann man noch Spuren aus der Eisenbahnzeit erkennen. Radfahren lässt sich es übrigens recht gut.



Von Rethem fuhr ich also weiter in Richtung besagtem Eilte. Der Radweg ist dort sehr gut ausgebaut. Die Aller nebenan schlängelt sich hier fast mit sagenhaften 90-Grad-Kurven durch das Marschland. In Eilte war es dann soweit und ich überquerte die Aller auf einer schmalen Brücke. Ich wollte auf der anderen Seite dem Fluss wieder abwärts folgen. Mich empfingen dort Wiesen und Felder, ein Traktor pflügte die Scholle um. Hier wurden die saftigen Wiesen und die fruchtbaren Felder von Hecken eingesäumt um den Wind abzuhalten, der den Mutterboden und die Saat hinweg trägt. Ja, und in der Tat war der Wind nun auf einmal deutlich zu spüren. Nämlich so wie es sich fürs Radeln gehört, direkt von vorne! Das treten der Pedale wurde deutlich anstrengender, gefühlt kam ich kaum vorwärts. Ich brauchte bald eine Pause. Doch es schien hier keine Rastmöglichkeit zu geben. Bis ich aus dem Augenwinkel eine verwitterte Bank hinter einer Hecke und unter einem Baum entdeckte. Kaum zu sehen. Perfekt für eine geschützte Rast. Den Energie-Riegel schob ich mir in die Backen in der Hoffnung auf ein Kraftwunder.



Doch das Wunder blieb aus. Trotzdem tat die Pause gut, doch der Wind war immer noch unerbittlich und nagte an mir. Ich war froh, als ich endlich die Fahrtrichtung wechselte und er dann nur von der Seite kam. Da ging es dann auch bei mir wieder besser. Bei Klein Häuslingen, ebenfalls einst Hochburg beim Kaliabbau, gibt es auch noch einige Gebäude aus dieser Zeit wie das einstige Verwaltungsgebäude und das Werksgasthaus. Im Ort davor, in Groß-Häuslingen, stehen zwei noch imposantere Direktorenvillen und ein paar Fabrikgebäude. Die Geschichte ist also allgegenwärtig.

Doch auch bei mir nahm die Geschichte nun langsam ihr unrühmliches Ende. Dem Radweg folgend kam ich zum Gut Klein Häuslingen. Auf einer Infotafel standen ein paar interessante Dinge über die Bewohner dieses Gutes. Nämlich das die Besitzer im Mittelalter auch Raubritter waren! Und schon ging das Spektakel los. Ein Hund, im folgendem Drecksköter genannt, schoss aus der Hofeinfahrt auf mich zu! Die Raubritter schienen ihn höchstpersönlich auf mich angesetzt zu haben. Von der Größe her war er nicht einzuschätzen ob er nur ein Kläffer oder ein fleischzerfetzender Killerhund war. In Sekundenbruchteilen schaltete ich auf Fluchtmodus um und gab Gas. Gerade noch rechtzeitig sonst hätte man irgendwann mal meine Gebeine verscharrt in den Gebüschen gefunden. Kaum ließ dieser Drecksköter von mir ab, rasselte es wie aus dem Nichts an der Kette. Es sah zuerst so aus, als wäre die Kette abgesprungen. Doch irgendwas war faul an der Sache. Die Kette hing schlaff herab sobald ich aufhörte zu treten. Ich hielt sofort an, in sicherer Entfernung vor diesem Höllenhund, der noch immer nach mir kläffte und knurrte, sich aber nicht weiter in meine Richtung bewegte.


Was soll ich sagen, ich wusste nicht weiter. Also Rucki-Zucki die sozialen Medien bequemt, von denen ich auch prompt Hilfe und Tipps bekam. Doch es war nichts zu machen. Nicht mit dem Werkzeug welches ich dabei hatte. Und so kam es wie es kommen musste. An einem eigentlich doch so schönen Tag. Ich zückte das Smartphone, wählte die Nummer meines persönlichen Pannendienstes und ließ mich tatsächlich „abschleppen“.
Ein paar Kilometer waren eigentlich noch geplant, durch Feld, Wald und Wiesen. Zurück zum Ausgangspunkt. Doch trotz dieser Misere war es ein gelungener Tag. Wäre mir die Panne nach 20 Kilometern passiert hätte ich mich totgeärgert. Doch ich hatte knapp die 80-Kilometer-Marke gekratzt, da konnte ich es dann nach einigen Stunden der Frustration schließlich doch verkraften. Alles war gut. Na, bis auf den Freilauf, denn der war kaputt und enttarnt als Übeltäter. Er wurde verhaftet…äh…ausgebaut und durch einen neuen ersetzt. In der Hoffnung das dieser nun bis in alle Ewigkeit hält.
Die komplette Tour findet ihr aber hier zum Download als gpx-track. An dieser Stelle deshalb auch der Hinweis, das sie bis zum Ferienhaus führt, welches ich gebucht hatte. Das mache ich eigentlich sonst nie, doch ich war dermaßen zufrieden mit der Unterkunft, das ich dies als absolut tollen Ausgangspunkt für diese als auch andere Radtouren empfand. Deshalb der passende Link dazu, sozusagen als besondere Empfehlung 😉
TOUR: Auf „Fietsentour“ in der Grafschaft Bentheim
Endlich, endlich passte mal wieder alles zusammen. Es war Wochenende, und wie die meisten wissen, war am letzten Sonntag hervorragendes Wetter und die Temperaturen krochen weit in den zweistelligen Bereich. Was macht man da? Richtig! Aufsatteln! Ich hatte da noch Runde offen in der Grafschaft Bentheim. Die wollte ich angehen. Also früh aufgestanden und losgebraust.
Der Start war direkt vor der imposanten Burg Bentheim. Oder eher direkt darunter, denn die Burg, die erstmals im Jahre 1050 urkundlich erwähnt wird, erhebt sich majestätisch auf einem großen Fels über der Stadt und hat in all den Jahrhunderten schon viel erlebt. Ich hatte aber für eine Besichtigung leider keine Zeit, aber wer Interesse hat, kann hier ein paar Infos bekommen!

Der Weg aus der Stadt führte mich über kopfsteingepflasterte Gassen zur Route der „Grafschafter Fietsentour“ Richtung des Naturschutzgebietes „Gildehauser Venn“. Die Wegbeschaffenheit bis dahin war allerdings mehr schlecht als recht. Links und rechts waren zuerst nur weite Äcker und Weiden. Der Wind pfiff natürlich direkt von vorne, wie sollte es auch anders sein. Doch nach einigen Kilometern kam ich dann zum besagten Naturschutzgebiet. Das Gildehauser Venn ist ein sehr wichtiges und wertvolles Heide- und Moorgebiet. Der größte davon Teil liegt in Niedersachsen, grenzt aber direkt an Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden.



An einer Aussichtsplattform über das Venn hielt ich an. Ein älteres Rentnerpärchen, ausgestattet mit einem Feldstecher, klärte mich auf, welche Tiere man hier sehen kann. Sie kannten sich also anscheinend aus. Ein nettes Gespräch. Alles in allem ein sehr schönes Gebiet um die Natur zu erkunden.
Kurz darauf war ich dann schon in den Niederlanden. Der Weg wurde direkt besser. Die haben’s einfach drauf. Schon überquerte ich zum ersten mal die Dinkel. Der Fluss ist ungefähr 89 km lang und ein Zufluss der Vechte. Er entspringt in Nordrhein-Westfalen um nach kurzer „Irrfahrt“ in den Niederlanden wieder nach Deutschland zu fließen.

Der Weg schlängelte sich nun etwas am Waldrand entlang, doch kurz darauf musste ich auf die Straße. Und ehrlich gesagt fahren die Holländer im Grenzgebiet zu Deutschland genauso rücksichtslos wie wir. Breite Straße, aber dem Radfahrer dicht auf die Pelle rücken. Im wahrsten Sinne des Wortes grenzwertig. Doch es dauerte nicht lange. Kurz nach Snoeijink bog ich rechts ab, Richtung De Pope. Dort überquerte ich nun zum zweiten mal die Dinkel. Wunderschön gelegen war direkt an einem Baum gelegen eine Bank. Die erste Pause war fällig.

Ich sog die Luft tief ein. Ich liebe diese Landluft. Der Geruch von Kuh, Dung und Acker. Unterwegs war ich schon an einigen Bauernhöfen vorbeigekommen. Dort roch es nach frischer Maissilage. Der Mais wird zur Ernte im Herbst vom Feldhäcksler in 5-50 mm große Stückchen zerkleinert und anschließend meistens in ein Fahrsilo eingebracht. Dort wird der Mais möglichst luftdicht mit einer Folie gegen z.B. Pilze abgedeckt. Durch Restzucker im Mais und dem wenigen Sauerstoff beginnt er zur gären und wird so haltbar gemacht. Meistens wird er dann zur Fütterung von Rindern genutzt, teilweise aber auch in Biogasanlagen gebraucht. Um es kurz zu halten: man stelle sich frisch gemähtes Gras vor, nur mit Mais. So ähnlich halt duftete es…

Weiter ging es dann Richtung Lutterzand. Einem Waldgebiet mit Birken- und Kiefernbestand sowie Pinien, Laubbäumen und Heidelandschaft. An den Ufern der Dinkel leben unter anderem der Eisvogel und die Uferschwalbe. Herrlich klare Luft empfing mich in diesem Gebiet. Es roch stark nach den Kiefern. Sehr angenehm. Die Reifen rollten leicht gedämpft über den Waldboden, nur das leise surren der Räder und das Gezwitscher der Vögel in den Baumkronen war zu hören. Ich konnte diesen Teil mit allen Sinnen genießen. Ein schönes Stück Natur.

Ich lies Lutterzand hinter mir und kam an den sogenannten Omleidingskanaal, der ungefähr von Lutterzand bis nach Lattrop geht und dort wieder in die Dinkel übergeht. Ihr seht, der Fluss hatte es mir angetan. Jedenfalls überquerte ich den Kanal zügig und radelte vor mir hin.Ich kam in den Ortsrand von Denekamp. Tolle Häuschen, das ist untertrieben, prägten diesen Teil der Stadt. Teure Autos und ebenso teure Häuser mit gepflegten Vorgärten waren links und rechts zu sehen. Da weiß man direkt, wo die Kohle steckt.

Beinahe hätte ich eine wirkliche Sehenswürdigkeit einfach übersehen. Zu meiner Linken stand plötzlich herrschaftlich gelegen Schloss Singraven. Im Jahre 1381 wurde es erstmals als landwirtschaftliches Anwesen erwähnt und gehörte im Laufe der Jahrhunderte unter anderem dem Bischof von Utrecht und dem Grafen zu Bentheim. Es wurde mehrfach umgebaut und gehört heute einer Stiftung, die kulturelles Erbgut in den Ost-Niederlanden bewahrt. Nicht zu übersehen war, das diese Ecke ein lohnenswertes Ausflugsziel zu sein scheint. Eine Wassermühle und ein nettes Café dürfen da fast schon nicht fehlen.

Zum Glück wurden die Anzahl der Menschen kurz nach dem Schloß geringer und es lies sich wieder ruhig radeln. Mein Bike lenkte ich jetzt am Nordhorn-Almelo-Kanal entlang, wieder Richtung Deutschland. Der Kanal war mal rund 33 km lang und diente der ansässigen Textilindustrie. Er wurde zwischen 1889 und 1904 fertig gestellt. Durch die geringe Wassertiefe blieb der Kanal aber relativ unbedeutend im überregionalem Sinne. 1960 fuhr das letzte Boot durch den Kanal und er wurde dann teilweise wieder zugeschüttet. Es entwickelte sich aber eine Art Biotop für Tiere wie Fische und Vögel sowie auch für einige Pflanzenarten. Außerdem blieben einige wenige Schleusen und Zugbrücken erhalten. Die Baumalleen und der Kanal selbst stehen unter Denkmalschutz. Man kann dort prima radeln. An der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden, an der einzigen deutschen Schleuse, machte ich dann noch mal eine Pause. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie hier früher die Kähne die Waren transportierten.

Und schwups, war ich wieder in Deutschland. Der Kanal führte mich ins Zentrum von Nordhorn. Am Kanal selber waren jetzt links und rechts mehr Wohngebiete bzw. Industriegebiete angrenzend. Man merkte sofort, das man hier nun in einer etwas größeren Stadt unterwegs war. Es waren bei dem Wetter wesentlich mehr Sparziergänger unterwegs. Alle wollten etwas von der Sonne abhaben. Nur zu verständlich. So landete ich am Vechtesee, von da ging es Flussaufwärts dem Vechte-Radweg entlang. In Brandlecht bog ich links ab, am gleichnamigen Gut aus dem Jahre 1326 vorbei. Überall auf der Tour war Geschichte satt zu sehen. Toll!
Wäldchen, Acker- und Weideflächen wechselten sich ab. Die Sonne war mittlerweile etwas milchig-trüb geworden, leichte Wolken waren am Himmel zu erkennen. Es wurde Nachmittag. Trotzdem sah ich den ersten gelben Schmetterling in diesem Jahr! Na, wenn das mal kein Zeichen ist.
Ich und mein Rad erreichten nun Hestrup, das aber auch ganz schnell wieder hinter uns lag. Nicht weil der Ort nicht schön ist, sondern weil er recht klein ist. Schon war ich wieder auf Feldwegen unterwegs, die aber erstaunlicherweise recht fahrradfreundlich waren!

So langsam merkte ich dann doch meine Muskulatur in den Beinen. Ich habe bisher noch zu wenig Kilometer in diesem Jahr geradelt. Das macht sich dann bemerkbar. Aber das Wetter fängt ja auch erst an schöner zu werden. Da werden noch einige Kilometer folgen.
Ich näherte mich jetzt Schüttorf. Von da sollte es nicht mehr weit sein bis zum Ausgangspunkt der Tour. Die Stadt links liegend lassend schlängelte ich mich nun durch den Bentheimer Forst. Der Weg war als Waldlehrpfad angelegt und es gab einige Stationen, an denen die Besucher, egal ob Groß und Klein, noch einiges über das Grün im Wald lernen konnten. Hier waren auch wieder mehr Menschen unterwegs. Noch mehr natürlich an den Bentheimer Mineral Thermen. Der Außenpool war schon offen und er war sichtlich rege besucht.

Unverkennbar war jetzt, das ich mich dem Ende der Tour näherte. Ich kam zum Schlosspark. Die Burg erhob sich im trüben Sonnenlicht. Eindrucksvoll stand sie auf dem großen Felsen und strahlte Stärke und Standfestigkeit aus. Ein schöner Tag ging zu Ende. Ich hatte wieder mal eine Menge gesehen. Auch wenn die Beine auf den letzten Metern schwer wurden, das war mir egal. Lächelnd und zufrieden konnte ich jetzt meine Heimreise antreten.

TOUR: Der Ilmenau-Radweg & Die Lüneburger Elbmarsch
Im Gegensatz zur Tour in der Lüneburger Heide war mir diesmal das Wetter zum Start in Lüneburg nicht so wohlgesonnen. Es nieselte. Doch das hielt mich nicht davon ab, zuerst einmal die Altstadt mit dem Rad ein wenig zu erkunden. Urkundlich erwähnt wurde die Stadt erstmals 956. Lüneburg ist ebenfalls eine Hansestadt, deren Reichtum unter anderem durch den Handel mit Salz begründet wurde und war sogar eine der wichtigsten Städte der Hanse neben Bergen (Norwegen), Visby (Schweden) und Lübeck. Heute ist Lüneburg ein beliebtes Ausflugsziel mit seinen schön hergerichteten Fachwerkhäusern und dem Alten Hafen und seinem bekannten Wahrzeichen, dem Kran.

Ich radelte entspannt durch einige Gassen und staunte über die meist schönen Fachwerkhäuser und ihren liebevollen Verzierungen. Am Alten Hafen, direkt an der Ilmenau, kam ich dann zu meinem Startpunkt. Dort sah es bei dem Wetter etwas trostlos aus, es waren wenig Besucher da. Wie auch sonst bisher bei dem ollen Wetter. Bei meiner Rückkehr am Abend sollte das aber anders aussehen.


Langsam wurde es aber mal Zeit aufzubrechen um endlich die Tour entlang des Ilmenau-Radwegs zu starten. Die Ilmenau hat übrigens eine Länge von 109 Kilometern und ist der größte Fluss in der Lüneburger Heide. Er entspringt bei Uelzen und mündet in der Elbe.
Nachdem ich der Ilmenau entlang einiger Wohn- und Industriegebiete gefolgt bin, war ich auch schon raus aus der Stadt und es wurde direkt ländlich. Der Regen nahm zu und ich zog meine Regenkleidung an. Der Regen machte mir nichts aus, er brachte frische Luft mit sich und ich fand das in dem Moment einfach nur schön. Auch in der Hinsicht, das ich wusste, das es wenigstens nicht den ganzen Tag regnen sollte.
Unterwegs waren immer wieder sehr schön gemachte Info-Tafeln aufgestellt. Per QR-Code und einem Smartphone konnte man sich dort auch praktischerweise einen Audio-Guide herunterladen. So lernte ich, das es hier auch Fischotter gibt, die zu den schnellsten Schwimmern der Landraubtiere gehören und das es auch Dünen mitten im Wald gibt, die sogenannten Binnendünen. Also Wissen abgespeichert und weiter.


An dem Ort Bardowick vorbei über einen historische Treidelpfad ging es nach St. Dionys und dann links ab entlang des Neetzekanals. Er wurde im 19. Jahrhundert zwischen Walmsworth bei Rullstorf und St. Dionys gebaut und mündet dort in der Ilmenau. Der Kanal ist ein Seitenarm der Neetze, die, 53 Kilometer lang, im Staatsforst Göhrde entspringt und bei Fahrenholz ebenfalls in die Ilmenau fließt. Soviel erst einmal zur Gewässerkunde.

Am Kanal wurde es dann erst mal richtig ungemütlich, da der Regen jetzt stärker wurde und mir das Wasser nur so an der Kleidung und dem Helm herunterlief. Wind kam auch noch auf. Ein paar Kilometer war es also wirklich ekelig bevor das Wetter wieder besser wurde. Mein Weg schlängelte sich nach dem Dorf Oldeshausen mit einigen schönen Häusern dann durch die Landschaft. Viele Wiesen und Felder bildeten hier den Hintergrund in meiner Tour. Ich radelte zusehends in besseres Wetter und durch das Naturschutzgebiet Ilmenau-Luhe-Niederung. Direkt an Winsen/Luhe gelegen.

Dort sah ich auch von weitem auf einem Mast ein Storchennest. Es waren zwei Störche zu sehen, die mit ihren Schnäbeln ganz schön laut „Klackerten“. Das war nicht von schlechten Eltern. Mittlerweile wieder linksseitig der Ilmenau radelnd, kam ich dem Dorf Stöckte nun immer näher. Dort fließt, ganz unspektakulär, die Ilmenau in die Elbe. Nicht mit Pauken und Trompeten, sondern eingepfercht in einem künstlichen Bett.

Nun gut. Ich schwang mich wieder auf mein Bike und fuhr entlang der Elbe stromaufwärts. Die Elbe war hier anders als „oben“ in Hamburg, die dicken Pötte fuhren nicht bis hier hin. Deren Ladung wird im Hamburger Hafen gelöscht. Hier waren eher Binnenschiffe zu sehen. Aber auch nicht so viele von ihnen. Es war ja auch Pfingstmontag. Mit leichtem Rückenwind ging es vorwärts.

So langsam bekam ich Hunger. Es wurde Zeit für einen kleinen Imbiss. Ich wollte irgendwo an einem schönen Plätzchen mit einer netten Einkehr halten und möglichst ein Fischbrötchen verputzen. Doch es kam nichts. Kilometerlang entlang des Elbdeiches, mal links, mal rechts davon – nichts. Und an dem nicht wirklich schönen Campingplatz und dessen Frittenschmiede wollte ich ganz bestimmt nicht essen. Also weiter geradelt, der Magen schon leicht knurrend. Ich hatte zwar noch kleinere Snacks dabei, aber ich wollte etwas richtiges zu Essen. Und dann sah ich plötzlich direkt am Wegesrand und oben auf der Deichkrone ein paar wenige, spartanische Stühle und Tische in bunt verwitterten Farben. Rechts lag direkt das Gasthaus Harms. Niemand saß dort oben, die Tür der Gasstätte war aber offen und ein Blick auf die ausgehangene Speisekarte sagte mir zu. So fragte ich unverblümt in der guten Stube nach ob ich da draußen sitzen könne. „Klar, kein Problem,“ war die Antwort und ehe ich mich versah hatte ich auch schon eine leckere Currywurst und Kartoffelecken auf dem Tisch. Garniert von einem hervorragenden alkoholfreien Weizen. Ok, nicht ganz das was ich wollte, aber mein Fischbrötchen hatte ich mittlerweile begraben. So saß ich da, die Sonne lugte jetzt auch hervor und es war richtig schön dort oben auf dem Deich.

Sowohl ich, als auch mein Smartphone tankten neue Kraft. Ich bekam ein paar Kalorien aus der Küche, das Gerät ein bisschen Strom aus dem Zusatzakku. Perfekt gerüstet für die Weiterfahrt. Ich wollte jetzt zur Staustufe Elbe-Geesthacht. Eine von nur zwei Staustufen der Elbe in Deutschland. Doch nach wenigen hundert Metern war da doch tatsächlich ein kleines Fischgeschäft an der Straße. Ich konnte es nicht fassen, aber trotzdem hielt ich nicht an, denn ich war ja mittlerweile gesättigt. So kann’s gehen. Bei Rönne fuhr ich dann auf die Brücke der Staustufe. Nicht um ganz über sie drüber zu fahren, sondern mir die Konstruktion mal anzusehen. Ein Aussichtspunkt gab es da, von dem man einen guten Blick auf das geöffnete Wehr hatte. Die Fließgeschwindigkeit war erschreckend hoch und beeindruckend. „Wer dort hineingerät, kommt nicht mehr lebend heraus“, dachte ich mir. Mit leicht zittrigen Händen machte ich ein Foto mit dem Smartphone. Nicht das mir das noch da hineinfällt! Die Staufstufe wurde 1960 gebaut, besitzt eine Doppelschleuse für die Schifffahrt und hat sogar einen Fischaufstieg oder auch Fischtreppe genannt. Seit 2010 gibt es eine zweite Fischtreppe, die sogar die größte in ganz Europa ist! So können problemlos auch Wanderfische wie zum Beispiel der Stör in ihre alten Laichgebiete gelangen.

Von hier konnte ich auch das AKW Krümmel sehen, das direkt an der Elbe liegt. Von 1984 bis 2011 war dieses Kernkraftwerk in Betrieb. Da es ein paar Zwischenfälle mit Notabschaltungen im Jahre 2009 gab, sowie 2011 die Atomkatastrophe in Fukushima/ Japan passierte, beschloss damals die Bundesregierung, das AKW Krümmel nicht mehr anzufahren. Erschreckend ist aber wohl die seit 1986 erhöhte Leukämieerkrankung bei Kindern in diesem Gebiet, obwohl keinerlei Austritt von Radioaktivität bekannt ist! Siehe auch dazu diesen Artikel. So machte ich mir schon so meine Gedanken, was die Leute alles mitgemacht haben oder immer noch mitmachen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Atomkraftwerk leben. Darüber ist man sich manchmal gar nicht so bewusst, wenn man so ein Ungetüm nicht direkt vor der eigenen Haustür stehen hat.

Für mich ging es mit dem Rad nun durch die schönen Felder und Wiesen der Elbmarsch. Getreide- und Rapsfelder wechselten sich ab. Kilometerweit ließ ich mir den sanften Rückenwind gefallen. Das Wetter war gut, es machte Spaß so durch die Einsamkeit zu radeln. Wieder kein Mensch weit und breit. Zur ganzen Hektik zu Hause im Ruhrpott eine echte Wohltat. Eigentlich wollte ich über Barum fahren, aber das Radfahren durch diese Gegend machte mir soviel Vergnügen, das ich spontan beschloss, einen kleinen Umweg über Artlenburg und Lüdershausen zu nehmen. Ich musste dort zwar dann ein paar Meter entlang der Bundestrasse fahren, aber das nahm ich dafür in Kauf. Bei Brietlingen stieß ich dann wieder auf meine geplante Route. Alles war gut. Denn von dort ging es wieder weiter zwischen Feldern und Wäldchen. Ich überquerte abermals den Neetzekanal und dann sah ich diesen großen, imposanten Bau. Das Schiffshebewerk Scharnebeck. Ich war am Elbe-Seitenkanal angelangt.
Das Schiffshebewerk Scharnebeck war bei seinem Bau 1974 das weltweit Größte seiner Art! Schiffe überwinden hier eine Höhe von 38 (!) Metern! Es hat zwei Schleusenkammern und der gesamte Schleusenvorgang mit Ein- und Ausfahrt dauert nur 15 Minuten. Der ganze Bau sah von der Architektur nicht so schön aus, nur gewaltig und imposant. Ich erreichte das Bauwerk von unten an der Straße, die sogar unter dem Schiffshebewerk hindurchführt. Das sah schon beeindruckend aus. Ich überquerte die Straße, da dort ein Aussichtspunkt sein sollte. Doch es führten bis oben sehr viele Stufen hoch und mein Rad konnte ich nicht abschließen, da ich diesmal aus Gewichtsgründen das Schloss daheim gelassen hatte. So war ich erst einmal enttäuscht. Ärgern war der richtige Ausdruck. Doch ein Blick auf die Karte zeigte mir, das die Straße, die parallel zum Kanal hoch führte, einen Abzweig hatte. Den konnte ich nehmen und kam so doch noch zur Aussichtsterrasse. Super. Das hatte sich gelohnt. Man hatte einen tollen Blick auf die Anlage und seitlich hinunter zum Unterhafen und über die Elbmarsch. Ein Schiff war in der hinteren Schleuse und ich wartete so lange, bis der Schleusenvorgang startete. Ich wollte unbedingt wissen, wie das aussieht und funktioniert. Wäre ich eher am Tage dagewesen, hätte ich eine Führung durch die Schleuse machen können. Besucher haben dort die Möglichkeit mal in das Bauwerk zu schauen. Wer Interesse hat, kann sich das ja mal hier angucken.

Nachdem ich dann nichts mehr sehen konnte wie das Schiff nach unten gehoben wurde, setzte ich mich wieder auf das Rad und fuhr weiter. Es war nicht mehr so weit bis Lüneburg. Vom Elbe-Seitenkanal ging es schon nach ein paar Metern rechts ab. Allerdings musste ich dazu ein paar wenige Stufen hinunter, es war da aber zum Glück auch eine Schieberinne für Fahrräder. Also kein Problem. Die Kräfte ließen jetzt aber nun merklich nach. Ich erreichte ein weiteres Storchennest, das sich auf einem alten Strommast in einer Nebenstraße befand. Sehen konnte ich diesmal allerdings keine Störche. Dafür war an dem Mast ein Schild angebracht, auf dem man die Anzahl der Störche ablesen konnte, die hier in den letzten Jahren geschlüpft sind. Es schwankte meist zwischen einem einzigen und bis zu drei Störchen in anscheinend Spitzenjahren.

Es ging jetzt durch das Lüner Holz, einem Wäldchen direkt bei Lüneburg mit hohen Bäumen. Gemütlich radelte ich durch die frische Waldluft. Und ehe ich mich versah war ich auch schon in einer urigen Ecke Lüneburgs angekommen mit Kopfsteinpflaster auf der Straße und toll hergerichteten alten Fachwerkhäusern, unter anderem gab es in den alten Stuben auch ein Restaurant. Sehr sehenswert . Und dann war ich auch schon wieder an der Ilmenau angekommen. Die Sonne schien zum Abend noch einmal kräftig und ließ die Altstadt erstrahlen. Ein schöner Ausklang für die diesmal rund 86 Kilometer lange Radtour.

TOUR: Lüneburger Heide INTENSIV
Warum ich das Wort „intensiv“ in Großbuchstaben schreibe? Es liegt auf der Hand, denn meine Tour durch diese wunderschöne Landschaft war wirklich packend, anstrengend, kräftezehrend und trotzdem ein echter Genuss! Doch fangen wir von vorne an…
Gestartet bin ich in Salzhausen, ein staatlich anerkannter Erholungsort mit der schönen Kirche von St. Johannis, dessen Rundturm aus dem Jahre 1464 stammt, einem alten Feuerwehrschlauchturm von 1870 und dem ältesten Haus des Ortes, dem Josthof aus dem Jahre 1252. Das Wetter spielte mir an diesem Tag in die Karten, ein ansehnlicher blauer Himmel war mir gegönnt. Der Rucksack war gepackt, ich war für alle erdenklichen Eventualitäten gewappnet. Und schon ging die Fahrt los in Richtung Eyendorf, an seinem Wasserturm aus dem Jahre 1913 vorbei. Er sah eher wie ein Turm einer Burg aus, doch eine Inschrift erinnert an die Hundertjahrfeier der Befreiungskriege von 1813.

Das kleine Örtchen ließ ich schnell hinter mir, vor mir lag eine sanft hügelige Landschaft mit Feldern, Wiesen und Wäldern. Von deren Kuppen konnte man teilweise schön weit gucken. Ich fuhr also bergauf und bergab und merkte schon früh das dieser Tag nicht ganz so leicht zu fahren sein würde. Durch ein Wäldchen kam ich so nach Lübberstedt und dann nach Egestorf. Dieser Ort liegt unmittelbar am Ostrand des Naturparks Lüneburger Heide und mit seinen toll hergerichteten Fachwerkhäusern machte dieses Dorf einen geschmackvollen Eindruck. Erstmals erwähnt wurde der Ort im Jahre 1252. Außerdem spielte Pastor Bode (1860-1927) eine große Rolle im Naturschutz. Er war derjenige, der zum ersten mal ein Naturschutzgebiet erkämpfte. Ein Wanderweg mit seinem Namen zollt ihm gebührenden Respekt.

Ein Schotterweg führte mich dann mit dem Rad raus in die Natur. Schon nach wenigen Metern lag da so ein wunderbares Pausenplätzchen am Wegesrand, leicht versteckt, die Bänke umgeben von hohem Gras, leicht herabblickend in die Landschaft und hinter mir der gelbe Raps auf dem Feld mit seinem mir angenehmen Duft. So ließ ich mich dort erst einmal nieder, auch wenn noch nicht all zuviel Kilometer auf dem Tacho standen. Eine Weile genoss ich diesen Ausblick bevor ich dann mit dem Rad durch einen Kiefernwald weiterjuckelte. Am Rande fuhr ich am Dörfchen Döhle vorbei, dort fand so eine Art Mittelaltermarkt statt. Man konnte sich dort in originalgetreuen Kleidern jener Zeit kleiden und Fotos machen lassen, auch passende Speis und Trank gab es dort. Ich ließ das Geschehen aber links liegen und hatte kurz darauf dann endlich die Heide vor mir.


Ich machte aber direkt Bekanntschaft mit den Bodenbeschaffenheiten, die mich durch die gesamte Heide begleiten sollten. Wohlgemerkt, ich war meist unterwegs auf offiziellen Radwegen, manchmal wohl auf Wanderwegen, was aber keinen Unterschied machte und ich das oftmals auch nicht wusste. Jedenfalls bestand die Wegbeschaffenheit hauptsächlich aus Sand, noch mehr Sand, spitzen Steinen, Wurzeln und selten aus einigermaßen gut zu befahrenden festeren Boden. Ich mit meiner relativ dünnen Bereifung hatte da teilweise so meine Schwierigkeiten und musste auch öfters zur eigenen Sicherheit aus den Klickpedalen heraus.
Nach einiger Zeit gelangte ich dann zu dem Punkt in der Heide, der „Totengrund“ genannt wird. Die Herkunft des Namens ist nicht zweifelsfrei geklärt, man vermutet aber, das dieser Talkessel deswegen so heißt, weil für die Heidebauern der Boden als tot oder toter Grund galt. Ein praktisch unfruchtbarer Boden also. Doch wenn im August die Heide blüht, ist dies der wohl der am meistbesuchte Punkt in der Lüneburger Heide, denn der Blick von oben in diesen Talkessel hinein kann einem schon mal die Sprache verschlagen bei so einer Blütenpracht. Totengrund gilt als eine der schönsten Heideflächen überhaupt. Ein Wanderweg, benannt nach dem Heide-Dichter Hermann Löns, führt übrigens komplett einmal oberhalb um Totengrund herum.
Langsam radelte ich weiter, an Stellen vorbei, die hießen nun Steingrund oder Oberhaverbecker Holz. Ein jüngeres Pärchen, ebenfalls auf dem Rad unterwegs durch die Heide, fragte ich erst einmal, ob der Weg, den sie gekommen waren, denn wirklich auch für das Fahrrad geeignet wäre. Mit einem Schmunzeln bejahten sie, denn aussehen tat der Weg ganz bestimmt nicht wie ein Radweg. In dem Moment sprang ein Reh ziemlich nah an uns vorbei, wir staunten und fuhren dann unseres Weges.
Nach einiger Zeit war ich für das erste heraus aus der Heidelandschaft, die Straße nach Oberhaverbeck war in Sicht. Genauso wie ein Schlaumeier auf dem Mountainbike, der, als er mich so durch den Sandweg schlingern sah, direkt mit einem Grinsen sagte, ich hätte wohl zu schmale Reifen. Gequält lächelte ich zurück und bejahte das, dann zog er auch schon an mir vorbei. Einen Augenblick später hörte ich den Kerl auch schon hinter mir aufschreien und fluchen. Jetzt hatte ich ein Grinsen im Gesicht.
Entlang der Straße kam ich nach Oberhaverbeck und kurz darauf auch schon nach Niederhaverbeck. Vorbei an einem Ausflugslokal bog ich links wieder in die Heide. Natürlich war der Weg direkt wieder von schlechterer Qualität, aber befahrbar. Und dann sah ich auf meiner Tour zum ersten mal eine dieser berühmten Schafherden, die ja so typisch sind in der Lüneburger Heide. Der Schäfer unterhielt sich mit Wanderern, die auf einer Bank saßen, die Schafe um sie herum. Ich blieb ein wenig entfernt stehen und beobachtete den Hirtenhund, der seine Schäfchen gut im Griff hatte. Er lief hin und her und ein kurzes Bellen reichte schon um Ordnung und Geschlossenheit der Herde zu bekommen. Das war mal interessant zu sehen.

Beschwingt fuhr ich weiter, denn meinen Drahtesel hatte ich auch im Griff. Zuverlässig und gehorsam fuhr es mich weiter, vorbei an Wulfsberg, wo ganz in der Nähe die Quelle der Wümme liegt, dessen Rinnsal stetig etwas größer wird und nach etwa 120 Kilometern in die Weser fließt. Bekannt ist auch durch dieses Flüsschen der sogenannte Wümme-Radweg, auf dessen Pfaden ich mich nun teilweise auch befand. Doch die Gegend, auch Wümmemoor genannt, lud mich zu einer Pause ein. Ein kleines Hinweisschild führte mich zu einem kleinen, wunderschönen Aussichtspunkt. Etwas abseits gelegen, herrschte hier eine fantastische Ruhe. Auf einer Infotafel war zu lesen, das hier wohl einer der ruhigsten Plätze in der gesamten Heide zu finden wäre. Ich fand diese Ruhe umwerfend und genoss bei besten Sonnenschein mein verdientes Päuschen.
Nach einiger Zeit kam dann doch noch ein Pärchen zu diesem Punkt und aus war es mit der Ruhe. Ich schnappte mir meine Sachen und verließ dieses tolle Plätzchen. Einen weiteren Aussichtspunkt am Wümmeberg fuhr ich kurz an, bevor es dann ein wenig steil bergab ging auf verwurzelten und steinigen Pfaden.
Ich und mein Rad fuhren nun in trauter Zweisamkeit durch anscheinend endlose Nadelwälder, Kilometer lang. Der Geruch der Kiefern stieg wieder in meine Nase, die Luft roch rein und frisch. Einfach wunderbar. Balsam für die Lunge UND die Seele. Nach geraumer Zeit kam ich zu einer Kreuzung in Wehlen, von dort gingen 5 Wege sternförmig weg. Ich hatte mir den direkt rechts schon bei der Planung der Tour ausgesucht. Denn von dem ging es nach ein paar Metern abermals für rund 300 Meter über einen reinen, mit Nadeln und Tannenzapfen der Kiefern gesäumten Trampelpfad zur Seeve-Quelle. Mitten im tiefen Wald gelegen ein Hort voller Schönheit. Begleitet von einem Quarck-Konzert der Frösche.

Die Seeve ist im übrigen ein Nebenfluss der Elbe, aber mit nur 42 Kilometern Länge wesentlich kürzer. Auch einen ebenfalls gleichnamigen Radweg hat dieser Fluss, der ist aber rund 100 Kilometer lang, da er in drei unterschiedlichen „Ringen“ gegliedert ist.
Wieder radelte ich jetzt durch den sich unendlich lang anfühlenden Nadelwald. Wahrscheinlich auch deshalb weil der Weg nach Ehrhorn von Meter zu Meter immer schlechter wurde. Tiefer Sandboden ließ mein Rad teilweise ordentlich wegrutschen und ich hatte so meine liebe Mühe. In Ehrhorn gibt es ein Walderlebnis-Zentrum sowie ein „Arboretum“ , oder auch Walderlebnispfad. Doch ich musste leider weiter, das wäre bestimmt interessant gewesen. Aber nun gut.
Ungefähr 30 Meter neben der Straße nach Haverbeck gab es dann einen Radweg, der den Namen nicht mal ansatzweise verdiente! Mitunter musste ich mir den Trampelpfad wie ein Pfadfinder im Wald suchen! Über Stock und Stein ging es vorwärts, ich wurde heftigst durchgerüttelt. Ich konnte es nicht glauben. Es war ungeheuerlich. Gleichzeitig musste ich aber schon lachen über solche Unwegsamkeiten. Wieder in Niederhaverbeck angekommen, wo man sich mit der Kutsche durch die Heide fahren lassen kann, bog ich links ab und kam kurz darauf wieder in die fast menschenleere Heide.

Trotz anstrengenden Weges, der Blick in die fantastische Natur entschädigte für alles. An einigen Stellen standen interessante Informationstafeln, die auch für Kinder gedacht waren, da es galt hier mitzumachen, anzufassen und nachzudenken. Schön gemacht. Auch ich ließ das Kind im Manne raus und tat was diese Tafeln mir geheißen hatten. Man lernt halt nie aus.

Doch jetzt wollte ich „hoch“ hinaus. Direkt auf den höchsten Punkt der norddeutschen Tiefebene. Mit 169,2 m ü. NN ist dies der weit bekannte und beliebte „Wilseder Berg“. Das Zentrum der Lüneburger Heide und absolut toller Aussichtspunkt. Bei gutem Wetter kann man von hier bis nach Hamburg oder Lüneburg gucken. Mein Weg dort rauf lies mich aber mein Rad schieben. Grober Schotter pflasterte meinen Weg, an hoch radeln war da nicht zu denken. Mir bot sich ein toller Ausblick über die Heide und die großen Wälder. Und zu meinem Erstaunen war auch hier gerade wenig los. Nur ein paar vereinzelte Besucher waren zugegen. Kaum der Rede wert. Dafür aber ein schöner Moment in dieser einzigartigen Heidelandschaft.



Da ich mich immer schwer von solchen Aussichtspunkten trennen kann, musste ich mich irgendwann dann mal zusammenreißen und weiterfahren. Es ging die andere Seite am Berg hinunter nach Wilsede selber, mit dem Heidemuseum „Dat Ole Hus“. Dort bekommt man einen Einblick in das Leben der Heidebauern in den vergangenen Jahrhunderten. Gleichzeitig ist Wilsede eines der ältesten Freilichtmuseen in Niedersachsen. Dementsprechend trifft man hier dann doch eher auf Menschen. Das musste ich feststellen. Denn anscheinend wurden hier gerade die Bürgersteige hochgeklappt und die Menschen strömten zu Fuß aus dem Museumsdorf hinaus zum Ausgang des Heideparks. Autos dürfen ja nicht in die Heide rein! Sie liefen natürlich nicht auf dem Kopfsteinpflaster, was ich wohl bei all den Huckeln und Stolperfallen auch nicht machen würde, sondern auf dem glatteren Pfad neben der Straße, dort wo ich auch mit dem Fahrrad fuhr. So kam meine Klingel dann doch noch zu ihrem Einsatz auf der Runde. Und wie das so ist, die meisten Menschen waren freundlich und ich bedankte mich jedesmal für das Platz machen, aber es gab halt auch wieder solche, die einfach das Klingeln ignorierten und nur missmutig ein wenig zur Seite gingen. Da wünscht man sich doch manchmal das Nebelhorn eines Ozeanriesen ans Fahrrad. Die Blicke wären unbezahlbar.

Mein Blick fiel an einer Stelle aber zufällig zu Boden und ich sah dort eine Glasperle liegen. So eine mit der Kinder gerne spielen. Mit grün- und orange geschwungener Linie im Inneren. Sehr schön anzusehen. Auch ich habe als Kind immer gerne mit solchen Glasperlen gespielt und ganze Bahnen dafür mit Sand und Erde im Garten gebaut. Ich beschloss die Murmel einzustecken, da weit und breit auch niemand zu sehen war, der sie verloren haben könnte, und sie als meinen Talisman für alle meine weiteren Touren immer bei mir zu haben..

Zum Glück musste ich schon bald von diesem Hauptweg rechts ins Radenbachtal abbiegen und hatte direkt wieder meine Ruhe. Die Sonne stand zwar jetzt schon etwas tiefer, hatte aber immer noch genug Kraft mich bei einem kleinen Päuschen zu wärmen. All zulange hielt ich nicht an, denn ein paar Meter hatte ich noch vor mir. Über eine Weide für Rinder und ein spezielles Gatter kam ich zum Pastor-Bode-Weg und dann hinaus aus dem Naturpark nach Sudermühlen.

Die Heide lag jetzt hinter mir, vor mir lag die Straße. Etwas Entspannung für den durchgerüttelten Rücken. Aber nur solange bis zum nächsten Anstieg am Botenberg, der aber, oben angekommen, ebenfalls eine tolle Aussicht für mich parat hatte. Ein Hochsitz am Wegesrand machte ich mir zu nutze und erklomm ihn geschwind um dort ein paar Fotos zu machen. Das Licht war gerade ideal dafür. Das Resultat seht ihr unten.

Mit dem guten Weg war hier aber schon wieder kurzfristig Schluss. Kopfsteinpflaster war wieder angesagt. Doch das war nur von kurzer Dauer, ich musste auf die Landstraße nach Garlstorf. Und die ging stetig bergab, so das ich über ein paar ordentliche Meter mal auf hohes Tempo kam. Das tat jetzt auch mal gut. So langsam wurden die Muskeln doch mal müde, trotz Energie-Riegel, Traubenzucker und Obst. In Garlstorf erlebte ich dann doch noch kurz vor Schluss der Tour, wie das ist, in eine Sackgasse zu geraten. Der Weg führte mich raus aus dem Dorf und hinein in die Felder. Doch der Weg war dann doch kurz darauf unpassierbar, der tiefe Sandweg hätte mich zum Schieben gezwungen und ehrlich gesagt hatte ich dazu keine Lust mehr. So fuhr ich zurück nach Garlstorf und von dort entlang der Hauptstraße zurück zum Ausgangspunkt nach Salzhausen.

Anstrengende 81 Kilometer standen nach diesem Tag auf dem Tacho. Doch jeder einzelne hatte sich trotz kräftezehrender Teilabschnitte gelohnt. Die Oberschenkel brannten am Ende kräftig, doch das Gefühl in solch wunderbarer Natur gewesen zu sein machte das alles wieder wett. Die Mühen hatten sich gelohnt!
TOUR: Norseeküsten-Radweg – Teil 4 – Das große Finale

Tag 5
„Ein ordentliches Frühstück ließ uns Kräfte sammeln um unsere Taschen vom 2. Stock wieder herunter zu tragen. Danach brauchten wir dann kein Aufwärmprogramm mehr. Da wir nach den letzten Tagen so eingespielt sind, war der Wagen dann in Sekundenschnelle beladen.

Und los ging’s, unser letzter Tag auf dem Rad. Weiter die Küste entlang um nach Wilhelmshaven zu gelangen. Die ersten Meter ging es wieder vom Hotel zurück Richtung Damm. Die eigentliche Route führt über Jever nach Wilhelmshaven, doch wir nahmen lieber die alternative Route an der Küste entlang, der sogenannten Tour D’Fries. So ging es zuerst an am Flugplatz von Carolinensiel vorbei und weiter zwischen den Deichen die das Festland schützen. Das Wetter war hervorragend. Sonne, blauer Himmel und kaum Wind auf der Strecke. Da machte uns das Radeln sehr viel Spaß. Die Stimmung ist so direkt viel besser als bei einem grauen, windigen Tag.

Und trotz leichter Schmerzen an den zwei Berührungspunkten unseres Hinterns zum Sattel waren wir gut drauf! Die Route war auch recht abwechslungsreich und führte immer mal wieder zwischen alten Bauernhäusern und durch sanft geschwungene Feldwege hindurch. Nur das Bosseln hat wohl zum Teil die Fahrradwege in Mitleidenschaft gezogen ( haben wir uns zumindest eingeredet, einen Sündenbock brauchten wir ja ), so das wir dem Rad des öfteren durch kleine Kuhlen fuhren und unsere Kronjuwelen nicht gerade sonderlich erfreut waren. Deswegen hier an dieser Stelle der passende Titel für die heutige Fahrt, so wie wir sie dann tauften: die „Nussknacker-Tour“. Alternativen gab es auch. zum Beispiel als ich durch Pferdeäpfel fahren musste und sagte, das wäre eine „Sch…-Tour“, sagte Dirk daraufhin das wäre eher eine „Tort(o)ur“. Wir mussten so lachen das wir vom Fahrrad absteigen mussten weil uns die Tränen schon die Backen herunterliefen! Es war einfach zu schön.

Nach rund 19 Kilometern kamen wir dann in Horumersiel an und machten dort auf einer Bank am Deich, oberhalb des Strandes eine Pause. Die Sonne schien mit weit über 20 Grad, man mag es kaum glauben. Wenn sie dann doch mal hinter Wolken verschwand, wurde es aber direkt wesentlich kühler.
Jetzt schien es ein leichtes die „letzten“ Kilometer nach Wilhelmshaven zu fahren. Aber das fand unser Gesäß jedenfalls nicht. Und so fuhren wir weiter, etwas abseits von der Küste, bis wir letztendlich wieder Richtung Deich abbiegen mussten. Wir kamen nach Hooksiel und dem kleinen schnuckeligen Hafen. In dem man anscheinend mit dem Auto und laufenden Motor stehen kann und dabei sein Eis essen kann. Es gibt doch immer wieder Vollidioten!
Und nachdem wir den Ort hinter uns gelassen hatten, begann ein regelrechter Zick-Zack-Kurs zwischen Feldern und Bauernhöfen. Zu unserem Leidwesen waren nun Regenwolken aufgezogen die wir erst in der Ferne sahen, dann aber immer näher kamen. Als uns die ersten Tropfen erreichten, zogen wir zum ersten mal auf der gesamten Tour unsere Regenjacken an. Und das auf den letzten Kilometern. Es war kein großer Schauer der uns erreichte, aber ein paar Tropfen waren es schon! Mittlerweile hatten wir die ersten Vororte von Wilhelmshaven erreicht und stellten uns kurz an einer Bushaltestelle unter. Und NEIN, wir fuhren NICHT mit dem Bus weiter. Standhaft wie wir sind, setzten wir uns wieder auf unsere Drahtesel und fuhren durch ein paar Grüngürtel weiter Richtung Hauptbahnhof, wo unser letztes Hotel auf dieser Reise lag. Es war sehr einfach und auch schön durch diese Parkanlagen zu fahren und so den ganzen Verkehr der „Großstadt“ zu entgehen.
Und dann war es so weit – endlich kamen wir mit unseren Rädern nach 5 Tagen und rund 252 Kilometern an unserem Ziel an! Ein richtig gutes Gefühl beschlich uns nach all den Metern auf den Rädern! Wir waren mit uns sehr zufrieden…und glücklich waren wir auch!

FAZIT DER TOUR
Es war ein Heidenspaß diese Tour zu fahren. Auch wenn einzelne Passagen manchmal anstrengend waren oder landschaftlich etwas eintönig, waren 99% der Tour einfach nur Spaß. Die Räder fuhren sich hervorragend – unser Sitzfleisch sieht das wohl anders. Wir hatten keine Panne und waren auch sehr froh darüber!
Mit dem Wetter hatten wir Riesen-Glück. Teilweise war es verdammt eng zwischen „trocken bleiben“ und „nass werden“. Aber der klitzekleine Schauer am Schluss machte uns nicht wirklich mehr was aus, nur die Räder wurden doch noch etwas dreckig.
Körperlich, jetzt kann ich nur für mich sprechen, fühle ich mich Spitze. Ich habe keinerlei muskuläre Probleme und könnte in der Hinsicht noch weiter fahren. Mein Hintern wird es mir danken das ich es nicht tue.
Die fünf Tage und 252 Kilometer auf dem Rad sind unseres Erachtens ausreichend. Wir sind keine Spitzensportler und wollen das auch nicht mehr werden. Der Spaß stand im Vordergrund und auf Tempo kam es uns nicht an. So konnten wir die Landschaft genießen, die gesunde Luft hier an der Küste, aber auch die ganzen kulinarischen Köstlichkeiten die hier in der Region angeboten werden. Pizza kann man auch zu Hause haben.
Ich denke das wir hier alle ein paar schöne Tage erlebt haben. Und vielleicht sagt man ja irgendwann: Mensch, das war toll, nächstes mal fahren wir von Wilhelmshaven nach Hamburg, weiter den Nordseeküsten-Radweg entlang. Das wäre doch ein Spaß, oder?“
Hier endet dann auch mein Roadbook. Mir hat es damals wirklich gut gefallen. Außerdem ist es auch teilweise amüsant, wenn man mit einiger Zeit Abstand mal seine eigenen Aufzeichnungen liest. Und vielleicht hat es euch ja auch ein wenig gefallen…?
TOUR: Norseeküsten-Radweg – Teil 3 – Norderney & Am
Allerwertesten

TAG 3
„Nach einem wohltuenden Frühstück in dem hauseigenen Restaurant des „Hohen Hauses“ hieß es dann wieder packen, einladen und weiterfahren. Wir wollten die Fähre in Norddeich um 13:30 Uhr erwischen, unsere Gepäckengel würden wahrscheinlich schon eine Fähre früher nehmen können. Doch wissen konnten wir das nicht genau. Doch es lief für Dirk und mich so gut, da wir permanent Rückenwind hatten, das wir die rund 20 km von Greetsiel bis Norddeich-Mole mit einer Affengeschwindigkeit fuhren und die Fähre schon um 11:45 bekamen. Wir waren so schnell, das wir glaubten, im Falle einer Radarkontrolle angehalten zu werden. Zum Glück war weit und breit nichts davon zu sehen. Auf dem Radarbild hätte man aber auch eh nichts gesehen außer einer Staubwolke. Und als wir dann am Schalter für die Fährtickets ankamen, waren unsere Gepäckengel tatsächlich ebenfalls schon dort und so konnten wir gemeinsam übersetzen.

Zur Begeisterung aller wurde das Wetter besser und besser! Und als wir dann auf Norderney ankamen, fuhren unsere Engel mit dem Bus in die Stadt, während wir uns gut gelaunt auf unsere Drahtesel schwangen und auf dem Deich zum Leuchtturm fuhren. Anfangs auf den ersten Metern mit enormen Gegenwind, dann aber relativ zügig wieder kräfteschonend mit Rückenwind. Dort angekommen machten wir ein Erinnerungsfoto und fuhren den Wegen folgend durch die Dünen einem weiteren Highlight entgegen. Wir wollten zur weltweit bekannten „Milchbar“ und dort einfach nur Wind und Wetter genießen. Die Milchbar gehört zwei bekannten deutschen DJs. Eine tolle Location. Es war dort einfach unheimlich schön. Wir saßen direkt draußen an der Promenade, hörten die chillige Musik von „Blank & Jones“ über die Außenlautsprecher und aßen und tranken eine Kleinigkeit. Momente der völligen Entspannung.


Doch es hieß nun weiterfahren, zurück zum Hafen um die vorletzte Fähre zu erwischen. Wir schoben die ersten Meter noch das Fahrrad durch die Fußgängerzone um hier und dort noch in ein Geschäft zu gucken. Dann trennten sich unsere Wege kurz wieder. Wir auf dem Fahrrad, die anderen, wie wir hinterher feststellten, mit dem Taxi. Wir waren recht früh wieder im Hafen, setzten uns in die mittlerweile pralle Sonne und warteten auf die Fähre. In der Ferne wurden die Wolken allerdings immer dunkler und man konnte erkennen das es dort regnete. Und diese Wolken kamen immer näher. Und man mag es kaum glauben, aber kaum waren wir an Bord, da fing es auch schon an zu regnen! Wir hatten solch ein Glück. Aber es schien, das wir spätestens auf dem Festland Regen abbekommen würden. Aber auch dort hatte Petrus ein Einsehen und ließ die Schleusen auf den letzten 5 Kilometern wieder zu. So kamen wir trocken im Romantik-Hotel Reichshof in Norden an. Absolut gleichzeitig mit den anderen! Welch ein Timing! Was für ein eingespieltes Team! Einfach klasse!
Die Gemäuer des Hotels sind wohl schon sehr alt, aber auch sehr schön hergerichtet. Die Decken sind sehr tief und werden von vielen dicken Holzbalken getragen. Die Fenster sind klein und das alles erinnert etwas an eine Burg. Den Wellness-Bereich mussten wir dann auch direkt testen. Das kleine Schwimmbad hatte sogar Whirlpool und Erlebnis-Duschen. Auch ein Entspannungsraum mit Sand und sanften Musikgedudel gab es und es war dort sehr, sehr, sehr entspannend.
Nach dem Duschen ging es dann ins Restaurant, was so einen Touch von Altbacken und Vornehme hatte. Aber das Essen war exzellent! Und so neigte sich der Abend abschließend im Kaminzimmer des Hotels zu Ende. Zum Schluss hier noch der „durchlaufende Witz“ des Tages auf Grund doch teilweiser schlechter Wegdecke: „Buckelpiste sag ich nur, Buckelpiste! Immer schön aus dem Sattel raus! Der Rücken dankt es einem!“

TAG 4
Nach einer kurzen, leider irgendwie nicht so geruhsamen Nacht, ging’s zum Frühstück. Es gab Brötchen, Eier und Obst, also für jeden war etwas dabei. Und so, Tag ein, Tag aus, packten wir wieder unsere sieben Sachen und verluden sie ins Auto. Wir stiegen auf unsere Räder und wussten nicht, was vor uns lag. Die ersten Kilometer ging es zurück nach Norden um wieder auf den Nordseeküsten-Radweg zu gelangen. Die Fahrräder liefen gut, wir hatten Spaß, doch dann sollte der schwierigste und anstrengendste Teil der Tour kommen. Sowohl körperlich als auch mental. Denn wenn man 20 km immer nur geradeaus fährt, links der Deich, rechts nur Acker, dann kann das auch mal ernüchternd sein. Dazu noch Wind immer so leicht von rechts, dann strengt das ordentlich an. Deswegen machten wir hin und wieder eine Pause und das war auch gut so. Andere Fahrradtouristen waren weit und breit nicht zu sehen. Momentan ist hier einfach keine Saison.

Mit den Kräften schwindend und voller Sehnsucht nach etwas Wärme erreichten wir den Hafen von Dorumersiel. Er schien einsam und verlassen und wir dachten, das das Hafenrestaurant eh geschlossen hätte. Doch zu unserem Glück war das nicht so und als wir die Tür öffneten sahen wir die vielen Leute die dort eingekehrt waren. Wir holten uns etwas zu Essen und zu Trinken und setzten uns an einen Tisch. Das tat gut. Wir schnauften durch und tankten neue Kraft. Und als wir meinten, es könnte nun weitergehen, setzten wir uns aufs Fahrrad und fuhren weiter den Deich entlang.

Doch nach wenigen Kilometern ging es dann mehr ins Landesinnere und die Tour wurde heute endlich abwechslungsreicher. Entlang schmaler Entlastungskanäle ging es dann durch das Dorf Esens. Das hatten wir schnell hinter uns und der Weg führte weiter durch die Felder. Der Deich war nur in der Ferne auszumachen. Am Himmel hinter uns war es schon die ganze Zeit immer sehr dunkel gewesen, doch geregnet hat es bei uns nicht. Bisher sind wir die ganzen Tage oftmals auf „schmalen Grad“ geradelt. Zwischen Regen und Sonne hindurch. Hoffentlich bleibt das am morgigen Tag auch so.

Unaufhaltsam lief die Route wieder auf den Deich zu. Wir behielten, trotz zum Teil massiver Sitzprobleme am Allerwertesten, unseren Humor bei und mussten viel Lachen. Das nennt man wohl Galgenhumor, wenn man weiß, es geht dem Ende entgegen. Dem Etappenabschnitt natürlich!
Doch die letzten Meter wurden für Dirk und mich zur Qual, da seine Achillesferse schmerzte und er sich wirklich aufraffen musste um das heutige Ziel zu erreichen. Aber seine Anstrengungen wurden belohnt, er kam an. Oder auch nicht, weil er noch Gepäck vom Auto bis in den zweiten Stock unserer Unterkunft schleppen musste. Die Fahrräder stellten wir in einem offenen Carport unter, in der Hoffnung das sie morgen noch da sind!
Der heutige Tag war also wirklich der anstrengendste. Der Hintern tat zum Schluss enorm weh, sogar mit leichten blauen Stellen war er versehen, der Arsch. Hoffentlich hilft zumindest etwas die Gesäßcreme zur Linderung. Am Abend waren wir dann noch gemeinsam in einem kleinen Restaurant in Carolinensiel. Es war ein schöner Abschluss für diesen müde machenden Tag.
Der letzte Tag morgen auf dem Rad wird uns noch einmal alles abverlangen. Hoffentlich wird er ein wenig abwechslungsreicher als der heutige. Aber trotzdem werden wir das schon schaffen!
TOUR: Norseeküsten-Radweg – Teil 2
„Um viertel nach sieben ging der Wecker und nach einem leckeren Frühstück packten wir unsere Habseligkeiten wieder ins Auto. Wir hofften, das wir die richtigen Klamotten angezogen hatten und fuhren los. Wir mit den Rädern, die Gepäckwagenengel mit dem Auto. Zuerst ging es zurück nach Emden rein, auf den Grüngürtel. Kurz darauf bog die Route ab und führte uns etwas außerhalb von Emden entlang. Kleine Wege schlängelten sich durch Wiesen und Brutgebiete geschützter Vögel, dann weiter durch nicht so schöne Siedlungen diverser kleinerer Bausünden der 1970er Jahre. Und dann kam der Teil der Strecke den wir erwartet hatten. Die Route führte auf auf eine Landstraße, die so was von unattraktiv war, wo rechts und links nichts zu sehen ist und man nach der nächsten Biegung hofft, wenigstens dort etwas Interessantes zu sehen. Aber dem war nicht so. Außer jeder Menge Wind war da nichts. Und gegen den kämpften wir an. Es kostete uns ordentlich Kraft. Aber sollten wir uns wundern warum gerade dort einige Windparks stehen? Wohl eher nicht.

Nach diversen künstlichen Hilfsmitteln in flüssiger oder fester Form kamen wir dann doch an dem Punkt an, wo wir die Fahrtrichtung ändern mussten und auf einmal…war der Wind im Rücken! Welch ein Gefühl nach den letzten 5-6 Kilometern Schinderei, ohne das Gefühl zu haben vom Fleck zu kommen. Es war an dem Tag so windig dort, das wir normalerweise Stützräder gebraucht hätten um bei diesem „Stand-Radeln“ nicht umzukippen!.
Jetzt wurde es besser. Die Industrieflächen verschwanden langsam hinter uns, die Landschaft wurde freundlicher. Unsere Gesichtszüge entspannten sich auch wieder. So fuhren wir vor uns hin und näherten uns langsam dem Campener Leuchtfeuer. Dort wollten wir Rast machen. Oben am Deich stand eine Bank, auf die wir uns setzten. Wir nahmen unsere Energiegels und wollten Kraft tanken. Zumindest ich stellte einen neuen Rekord im Schnell-Spucken auf. Denn kaum hatte ich den ersten Tropfen von dem Zeug im Mund überkam mich fast ein Brechreiz. Das Zeug schmeckte ekelhaft nach Plastik, ich war bedient. Und als mich Dirk dann auch noch von seinem Gel probieren ließ, war ich endgültig durch mit dieser Art von Kraft tanken.

Lustig war auch noch, als zuerst Dirks und dann auch mein Fahrradcomputer folgendes anzeigte: ZU VIELE SIGNALE. Wir standen ziemlich nah an diesem Turm, auf dem natürlich, wie sollt es auch anders sein, zig Antennen angebracht waren. Wir überlegten, was für eine Strahlendosis wir hier gerade abbekamen und kamen überein das wir beiden nun doch endgültig verstrahlt waren.
Einige Kilometer weiter ging es dann für uns rechts vom Deich weg durch einige sehr schöne Dörfer. Die Kirche in Groothusen war schon sehr alt und interessant war, das die Glocke in gut halber Höhe des eigentlichen Turms angebracht war. Ungewöhnlich. Und in Pilsum war die Kirche sogar aus dem 16. Jahrhundert und war ursprünglich sogar ein Leuchtfeuer gewesen. Und von diesem Ort führte der Weg wieder zurück zum Deich und zum weithin bekannten Pilsener Leuchtturm, der in einem Otto-Film berühmt geworden ist. Und da sahen wir auch zum ersten mal: TOURISTEN!!!

Wir machten Halt und machten ein paar Erinnerungsfotos von dem rot-gelben Türmchen. Und dann sahen wir es: ein paar hundert Meter weiter waren Fischbuden! Und sah danach aus als ob sie aufhaben würden. Wir fuhren schnurstracks dahin und wir waren im Glückszustand! Wir kauften uns jeweils ein leckeres Brötchen und Flensburger Radler dazu und genossen es voll und ganz. Unser erstes Fischbrötchen in Ostfriesland! Leeeecker…!

Gestärkt ging es dann auf die letzten Meter nach Greetsiel hinein zum Hotel „Hohes Haus“. Als wir in das Dorf hineinfuhren bemerkten wir sofort wie schön es dort ist. Wir kamen bei Sonne an und so machten wir direkt bei Ankunft ein paar schöne Fotos. Wir riefen per Handy unsere Engel an und sie waren auch sofort zur Stelle, weil sie natürlich schon vor uns angekommen waren. Wir holten das Auto mit dem ganzen Gepäck, denn direkt in Greetsiel kann man nicht parken. So luden wir das Auto nur aus und fuhren dann auf den nicht weit entfernten hoteleigenen Parkplatz.


Die Zimmer waren rustikal, aber nicht überaltert ausgestattet. Das Haus selber war von Außen in einem merkwürdigen türkis gestrichen. Passte nicht ganz zum Stadtbild, aber trotzdem war das Haus an sich sehr schön. Nachdem wir geduscht hatten, beschlossen wir etwas zu essen. Im Ort selber war nichts los, es war keine Saison. Die Bürgersteige waren teilweise schon hochgeklappt. Aber ein interessantes Fischhaus hatte noch auf. So kurz vor Feierabend bekamen wir dennoch jeder einen sehr, sehr leckeren Fisch gereicht. Es lohnte sich dort einzukehren. Danach liefen wir noch etwas durch Greetsiel und suchten noch einer kleinen gemütlichen Einkehr. Da das Wetter nun auch etwas ungemütlicher geworden war, kehrten wir in der „Urigsten Kneipe“ ein. Eine schmale Pinte mit Pay-TV. So konnten wir bei leckeren Getränken sogar noch ein wenig Fußball gucken. So war dieser Tag nun auch gelaufen und wir freuten uns schon auf den nächsten. Denn dann sollte es mit dem Rad sogar auf die Insel Norderney gehen…“

TOUR: Norseeküsten-Radweg Teil 1 – Vorgeplänkel und 1.Tag
Hier also mein sogenanntes „Roadbook“, welches ich damals folgendermaßen, manchmal auch mit einem Augenzwinkern, geschrieben habe:
„Aber von vorne. Wie wir auf die Idee gekommen sind? Das ist schnell erzählt. Ziemlich zeitgleich haben wir beide etwas über den Nordseeküsten-Radweg gelesen und in einem zufälligen Gespräch kam uns dann die Idee diese Tour in Angriff zu nehmen. 1 Woche mit dem Rad von Örtchen zu Örtchen. Einen halben Tag auf dem Rad, die andere Hälfte um sich etwas anzuschauen und zu relaxen. So haben wir dann eines Abends diese Route ausgearbeitet und uns entschlossen, die Tour im April zu starten. Startpunkt ist die ostfriesische Stadt Leer. Weiter über Emden, Greetsiel, Norden und Carolinensiel bis nach Wilhelmshaven. Und um diese tolle Tour auch in guter Erinnerung zu behalten, schreibe ich nun dieses Roadbook und fange schon mal an damit, obwohl es ja noch ein paar Tage bis zum Start sind. Denn auch das ganze Drumherum gehört natürlich dazu. Ich möchte so über die lustigen und (hoffentlich) weniger lustigen Anekdoten schreiben, über die Unterkünfte, unsere Leiden und Wehwehchen und natürlich über unsere Triumphe über die Naturgewalten, also den verdammten Wind der uns da oben begegnen wird. Meter für Meter, Tag für Tag! Also über das ganz große Abenteuer halt!!!
Und schon gibt es auch die erste Anekdote zu erzählen, bevor das Abenteuer überhaupt angefangen hat.Unser Autohändler (besser an dieser Stelle keine Namen) versprach uns, wenn wir 14 Tage vor Reisebeginn anrufen würden, würde er noch die fehlende Anhängerkupplung unter unser neues Auto schrauben. Schliesslich müssen wir ja die Drahtesel irgendwie mitbekommen! Also, gesagt, getan.Antwort: „Ja äh, sind Ferien und nicht mehr ausreichend Monteure da um mal eben die Kupplung anzubringen.“ Meine Antwort: „HÄH???“ Also überlegte der gute Mann und schlug vor übergangsweise einen Dachgepäckträger zur Verfügung zu stellen! Schließlich hatte er ja uns sein Wort gegeben das alles klappt. Und so musste er sich was einfallen lassen. Also wollte er alles bestellen und ich sollte Dienstags darauf noch mal anrufen um nachzufragen ob alles da ist, damit ich vorbeikommen könnte. Ja, wäre alles da, ich müsste nur noch den Grundträger besorgen, würde so ca. 80-90 € kosten! „HÄH??? Ich will das Ding nicht kaufen!!!“…„OK, äh, ich rufe zurück“, sagte der gute Mann. Und siehe da, der Grundträger war da. Also sollte ich Dienstag nach Ostern vorbeikommen, sie würden den Dachgepäckträger dann „eben“ montieren. Alles klar! Nach der Maloche also direkt hingedüst, 3 mal wurde ich von einem Mitarbeiter zum nächsten geschickt, zweieinhalb Stunden gewartet und das Ergebnis: ICH HABE NUR EINEN (!) FAHRRADTRÄGER BEKOMMEN!!! Der Monteur ganz lapidar: „Habe mich ja auch schon gewundert.“ Meine Halsschlagader wurde dicker! „UND NU???“ Also kann ich am Freitag noch einmal zum Händler in der Hoffnung das der zweite Träger dann da ist! Schlusswort für heute: „Dann dauert das aber auch nicht so lange, geht ja dann schnell!“…„AHHHHH!!!!“

Nun war ich also gestern wieder bei unserem Händler des Vertrauens, nachdem unsererseits nachgefragt werden musste, ob der Träger denn nun da wäre! Eigentlich war ja vereinbart das der Händler sich meldet. Aber nun gut. Ich konnte vorbeikommen! Und man mag es kaum glauben, die haben nur 20 Minuten gebraucht, da konnte ich wieder fahren! Der absolute Wahnsinn! Nicht mit Worten zu erklären! Ein Tag für die Geschichtsbücher! Spaß beiseite, so können wir jetzt endlich ganz beruhigt zum Startort nach Leer fahren und unsere Tour starten! Die Vorfreude bei uns allen ist riesig. Die letzten Vorbereitungen werden jetzt noch erledigt wie zum Beispiel Werkzeug einpacken, Getränke kaufen und was man sonst noch so zu erledigen hat. Und Montag ist es dann endlich soweit!“
TAG 1
„Juchu, endlich ist die Tour gestartet und wir sind in Ostfriesland angekommen. Ohne Stress und Komplikationen haben wir heute Morgen den Wagen beladen und sind pünktlich um kurz nach acht losgefahren. Die A31 ist eigentlich immer gut zu fahren und so sind wir gegen elf Uhr in Leer angekommen. Zwar waren ein paar dunkle Wolken über uns, aber das hat uns nicht abgeschreckt um die Fahrräder abzuladen und loszufahren! Während unsere Gepäckengel mit dem Auto dann Richtung Emden gefahren sind, sind wir in voller Montur auf den Nordseeküsten-Radweg geradelt. In voller Freude auf was da kommen mag. Das Wetter, das vorweg, hielt sich gut. Mit teils wolkigen, teils recht sonnigen Abschnitten. Der Weg führte von Leer über die Ems auf die linke Flussseite. Dort ging es hauptsächlich auf der landeinwärts gerichteten Deich-Seite her. Zwischen diversen Schafherden bahnten wir uns den Weg.

Am Anfang versuchten wir noch jedem Schafsköttel auszuweichen, gaben das aber nach einigen Kilometern auf. Die Aufzeichnung auf unseren GPS-Geräten hätte wahrscheinlich auch ein wenig merkwürdig ausgesehen oder andere Radfahrer hätten uns für besoffen erklärt. Aber, zu unserem Vorteil, es waren KEINE anderen Radfahrer unterwegs! Nur Dirk und ich, gemeinsam gegen den Wind – und gegen die Schafsköttel. Und so kamen wir langsam dem Dörfchen Ditzum näher. Und einer großen Regenwolke die gerade ihre Ware loswerden wollte. Zu unserem Glück bekamen wir nur drei kleine Hagelkörner mit und waren dann schon mit dem Thema durch. Aber wir fingen uns an zu fragen wo denn das Ems-Sperrwerk abgeblieben ist und schauten noch einmal auf die Karte. Dumm gelaufen, denn das war vor zwei Kilometern an uns vorbeigerauscht, allerdings nur auf der anderen Seite des Deiches, also der Flussseite, zu sehen. Wir hatten eigentlich vorgehabt, das Sperrwerk mit dem Rad zu überfahren, aber ein Mann im klitzekleinen Hafen von Ditzum sagte uns das das nicht geht und wir die Fähre nehmen müssten. Wollte er nur Kohle machen??? – kam uns zumindest im Sinn, aber wir fuhren dann noch einmal durch das ausgestorbene Dorf und warteten dann im Hafen auf die Fähre. Am Hafenrestaurant sahen wir dann einen Aushang, auf der alle Arten von Fischbrötchen beworben wurden. Jaaaaa, wir wollten jeder eins, aber NEEEEIIINNNNN, es war Montag und Ruhetag. Das ganze wurde dann zum „durchlaufenden Witz“ des Tages. „Jemand Fischbrötchen hier? Frische Fischbrötchen!“. Wir bekamen den ganzen Tag nicht eins davon vor die Kaukiemen.

Jedenfalls kam dann gegen 13:45 Uhr die Fähre an den Anleger. Die war so klein, das nur drei Autos auf das Deck passen würden. Es kam aber keins. Sondern nur wir und eine kleine Truppe von vier Leuten ohne Rad. Die waren interessiert an unseren Rädern und fragten was das für ein merkwürdiges Teil an meinem Rad wäre, welches unterhalb der Sitzstange befestigt war. Es war mein Fahrradschloss! Große Augen! Dirk sagte zu einem anderen Herrn, er solle mal auf den schwarzen Knopf bei mir oben am Lenker drücken um das GPS-System zu starten. Mit Spannung drückte der gute Mann drauf und…nix! Es war meine Fahrradklingel! Wir mussten grinsen.

Die Überfahrt war prima. In der Ferne konnte man an einem Anleger des Hafens in Emden ein neues Aida-Schiff erkennen, das einen Tag zuvor dort festgemacht hatte. Die Sonne spielte auch mit und über dem Schilf an der gegenüber gelegenen Seite der Ems flogen einige Vogelschwärme. Ein toller Anblick.


Danach ging es weiter an einem kleinen Kanal entlang, der stark an die holländischen Grachten erinnerte. Der Weg war allerdings nicht so gut in Schuss. Aber kurz darauf gelangten wir dann endlich an den Grüngürtel der rings um Emden führt. Eine sehr schön angelegte Anlage. Da war nichts mehr vom Autolärm der nahe gelegenen Hauptstraße zu hören. Von diesem Grüngürtel mussten wir dann aber leider doch irgendwann abbiegen um ein paar Kilometer an einer dieser hässlichen Hauptstraßen entlang zu radeln um nach Hinte zu gelangen. Denn dort befindet sich das Hotel Novum. Wir fanden es ohne Probleme und waren sogar vor unseren Gepäckengeln da. Der Service war hervorragend und so checkten wir schon einmal ein, schlossen die Räder in einer Extra-Garage ein, setzten uns in die Lobby und tranken unser wohlverdientes Jever Radler! Ein Hochgefühl erfüllte uns nach dieser Etappe. Wir waren selig.

Als unsere Gepäckengel dann kamen, brachten wir unsere Sachen auf die Zimmer und gingen im hoteleigenen Restaurant essen. Denn Montags hatten viele Restaurants in Emden selber zu und wir wollten nicht noch einfach ziellos durch die Gegend fahren. Danach beschlossen wir, noch im ebenfalls hoteleigenen Pool schwimmen zu gehen. Wir konnten prima dabei entspannen. Später wieder in der Lobby verglichen wir noch unsere erfahrenen Daten und fluchten dann auf den Batteriewechsel unserer Fahrradcomputer. Merkwürdigerweise gaben unsere Batterien am selben Tag den Geist auf. Zufall??? Zumindest hatte ich vorsorglich neue eingepackt und war jetzt sehr froh darüber.
Der erste Tag war aber trotzdem ziemlich perfekt gelaufen. Wir hatten rund 40 km mit dem Fahrrad gefahren und waren glücklich. Und so schmiedeten wir für den nächsten Tag neue Pläne. Wir nehmen an das es wesentlich windiger wird, wahrscheinlich bis zu dem Punkt, wo wir von der Ems weiter nördlich wegkommen. Bis dahin geht es ziemlich genau gegen den Wind. Das wird hart, aber wir packen das!“