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TEST

Der neue G-One R von Schwalbe im Extrem-Test

Der neue G-One R wurde mir von Schwalbe im Rahmen dieses Test auf persönliche Nachfrage kostenlos zur Verfügung gestellt! Daher kennzeichne ich das hier dementsprechend und weise euch darauf hin.

Der Gravelride NIGHT.OF.THE.100.MILES, in den äußerst ruppigen Wäldern des Harz, über die alten Panzerplatten hinauf auf dem Brocken, auf Asphalt beim alltäglichen Pendeln mit dem Rad zur Arbeit, an den groben Hängen des Mont Ventoux oder den steinigen, scharfkantigen Gravelpisten in der Provence: Der G-One R musste bei mir im Langzeit-Test so einiges aushalten. Nicht ansatzweise wurde er geschont. Vom feinen oder dicken, teils spitzen Kiesel bis zu fast verblockten Trails, auf herrlichen und weniger herrlichen Asphalt, dazu noch durch üble Graswurzel-Wege und anschließendem Matsch. Ein echter Härtetest also für das neue Mitglied der G-One Familie der Firma Schwalbe.

Doch fangen wir kurz von vorne an. Der G-One R soll laut Schwalbe für 60 % Asphalt und 40 % Schotter, sowie „leichtes“ Gelände geeignet sein. Durch die „Super Race Karkasse vereint er Souplesse, Geschwindigkeit und Kontrolle auf höchstem Niveau“, so Schwalbe. Diese Souplesse Konstruktion stammt, wie der ein oder andere schon vermuten wird, aus dem beliebten Rennrad-Portfolio der Firma.

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Der neue G-One R musste so einiges bei mir aushalten!

G-One R – nur Marketing-Geschrei?

Die Stollen haben die markanteste Auffälligkeit. Sie sind nicht mehr rund, sondern haben ein sogenanntes „Boomerang“-Profil in der Mitte, nach außen hin sind die feinen Stollen angewinkelt. Das soll die Traktion und den Kurvengrip erhöhen. Außerdem erkennt man den Reifen an seinem roten R auf der Transparent-Skinwall. Viel Marketing-Geschrei oder doch echt dufte Performance? Mein Interesse war geweckt, da das Anforderungsprofil mir doch quasi auf dem Laib geschneidert schien.

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Auffällig, das „Boomerang“-förmige Profil auf dem Mittelsteg.

Wie einige wissen, fahre ich am liebsten den G-One Ultrabite in 40er Breite. Die robusten und groben Stollen graben sich tief in die Schotterpisten dieser Welt ein und sind auch auf Asphalt überraschenderweise eine echte Wucht. Der ganze Reifen wirkt dazu großvolumig und ähnelt schon fast dem eines MTB-Profils. Hält man dagegen den G-One R in gleicher Größe gegenüber, wirkt dieser eher zart und schmächtig. Ich musste tatsächlich noch einmal auf die Flanke schauen, ob der Reifen wirklich die gleiche Größe hatte. 

Bekanntlich hatte ich mich ja ein wenig vom Thema Tubeless entfernt. Zu aufwendig war mir das ganze Gedöns. Und wirklich hilfreich war es mir bei Pannen bisher nicht gewesen. Einfach zu wenige Vorteile, so meine bisherige Erfahrung. Doch ich wollte Tubeless noch eine Chance geben. Wenn ich den G-One R „richtig“ testen wollte, dann ohne Schlauch. 

Fakt: Ich habe noch nie so einfach einen Reifen auf die Felge bekommen. Das ging sehr geschmeidig von der Hand. Das befüllen mit der Dichtmilch war ebenfalls ein Kinderspiel. Tipp: man sollte eventuell auf ein entsprechend frisches Felgenband achten! Ich hatte zunächst ein wenig Sorge aufgrund meiner bisherigen Erlebnisse den Reifen satt ins Felgenbett zu bekommen. Aber ein paar wenige Hübe mit der Standpumpe und ich war fertig. Alles dicht. Es kann doch tatsächlich einfach gehen.

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Die Montage verlief bei einem Reifen selten so einfach und problemlos.

Erster Eindruck

Das erste Rollen auf Asphalt und auf meiner Pendler-Strecke: „Oh, das fühlt sich wirklich geschmeidig und leicht an!“, war der erste Gedanke nach einigen hundert Metern.  Oder hatte ich mir das nur eingebildet und zufällig mal gute Beine gehabt? Nein, ich denke nicht. Denn nach rund anderthalbtausend Kilometern fühlt es sich immer noch leicht und flockig an. Tatsächlich etwas Rennrad-Like. Deutlich zu spüren beim Beschleunigen und mit ordentlich Dampf auf den Pedalen. 

Ich habe mich vom Druck etwas herangetastet und habe schließlich bei ca. 2,7 bar mein Wohlfühl-Druck auf der Straße gefunden. Der Reifen fährt sich auf diesem Terrain sehr komfortabel, sicher und vor allem agil. In Kurvenlagen hält er verlässlich seine Spur. Selbst bei Nässe neigt er nicht dazu auszubrechen. Das hätte ich bei dem etwas feineren Profil eher erwartet, wurde aber somit positiv überrascht.

Mit einem Luftdruck von 2,3 bar empfand ich es am Hinterrad etwas zu schwammig, vorne dagegen noch Ordnung. Mein Modell-Gewicht liegt bei 72 kg wohlgemerkt. Bei mehr als 2,7 bar hatte ich das Gefühl bei holprigen Stellen im Sattel leicht zu springen. 

Im Gelände dagegen war geringerer Druck naturgemäß die bessere Wahl. 2,3 bis 2,5 bar in etwa gefielen mir da sehr gut. Gerade auf echten Wurzel-Strecken, holprigen Waldwegen und auf anderen, steinigeren Unebenheiten ging das gut mit den Settings. Durch Herantasten wird jeder seine eigene Komfortzone leicht herausfinden können.

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Auch auf schwierigen Terrain zeigte der G-One R sein Können. Deutlich zu sehen auf diesem Foto der farbliche Unterschied der Skinwall nach über anderthalb tausend Kilometern Laufleistung im Gegensatz zum vorherigen Foto kurz nach der Montage!

Wer mich kennt, der weiß, dass ich im Gelände doch gerne mal den einen oder anderen fiesen Weg fahre. Ob matschig und staubig, ob steinig oder kieselig, ganz egal. Wo, wenn nicht im National-Park Harz mit seinen zig verschiedenen Untergründen oder in der Provence in Frankreich, wo Wind und Wetter die Berg-Spitzen quasi zersplittern lässt, hätte ich den G-One R besser testen können? Hier gab es beste Praxis-Möglichkeiten in Masse!

Auf trockenen Waldwegen zeigte der G-One R keinerlei Schwäche. Das Fahrverhalten ist präzise und sicher. Gut testen konnte ich dann das Verhalten direkt auf weiteren Waldwegen, wo die Sonne den Boden noch nicht getrocknet hatte und es feucht und matschig war. Da hatte ich bei dem Profil erwartet, mehr Unruhe zu haben. Die Seitenstollen boten aber immer guten Grip, trotz leichtem Ausbrechens in Kurven bei höherer Geschwindigkeit war immer kontrolliertes Fahren möglich. Abfangen gelang mühelos, sodass ich nie das Gefühl hatte, das Rad NICHT unter Kontrolle zu haben. 

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Das Fahrgefühl ist sehr angenehm, auf jeden Geläuf.

Mit dem Schwalbe G-One R in schwierigem Gelände

Auf feineren Schotter spielte der G-One R seinen Geschwindigkeitsvorteil deutlich gegenüber dem G-One Ultrabite aus, was mir sehr gut gefiel. Deutlich spürbar, dass er für genau so einen Untergrund entwickelt wurde. Doch ich wollte natürlich auch wissen, wie er sich auf schwierigen Gelände bewegt.

Scharfkantiger, grober Schotter konnte dem Mantel fast nichts anhaben. Ich habe quasi darauf gewartet, dass ich auf spitz-steinigen Geläuf eine Panne haben würde. Ich war überrascht, wie gut der Reifen sich auf diesem üblen Geläuf schlug! Einen Cut von etwa einem Zentimeter in der Lauffläche habe ich mir zwar doch dann eingefangen, der aber nur oberflächlich zu sein scheint. Damit muss man rechnen, wenn man scharfkantige Trails fährt, das kann jeden Reifen treffen. Bisher wird der Cut aber nicht größer, ich begutachte ihn vor jeder Fahrt. Wie weit ich damit noch fahren kann, wird sich zeigen. Bisher ist er weitere etliche hunderte an Kilometern problemlos damit gelaufen!

Auch bei schwierigen Gelände, wie einem steinigen, ausgetrockneten Bachbett machte er eine gute Figur, kam dort jedoch klar an seine Grenzen. Da sind dann eher andere Reifentypen oder sogar besser andere Fahrräder gefragt. Das Überfahren so mancher Wurzel gelang ebenfalls gut, schlug aber doch schon mal heftiger durch ohne gefährlich zu werden.

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Jederzeit handlebar, nur in eher MTB-angestammten Gelände wird’s dann doch schwierig.

Anstiege sind ebenfalls immer ein Thema. Gerade bei Stellen mit losem Schotter oder Steinchen, sowie nassen Stellen auf Asphalt. Die Traktion wirkte selbst bei knackigen 20 % richtig solide. Wer etwas Fahrtechnik beherrscht, wird mit dem G-One R gut über solche Passagen kommen können. Ein Durchrutschen der Reifen ist minimal, schnell findet er wieder Grip und bringt den Fahrer über solche Teilstücke. 

Ich hatte vor einiger Zeit den Panaracer Gravelking SK im Test, der dagegen schon bei leichten Anstiegen auf etwas feuchten Terrain bei mir schnell durchdrehte, egal, wie ich die Fahrtechnik forcierte und daher in dem Punkt keinen guten Eindruck hinterließ. Ganz anders also der G-One R.

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Abnutzungsspuren lassen sich nach all den Fahrten von anderthalb tausend Kilometern über Asphalt und Gravel erfreulicherweise nicht deutlich feststellen.

Was gibt es zum Verschleiß zu sagen? Ein Abrieb auf dem Mittelsteg ist tatsächlich nur leicht zu erkennen. Ich hatte mit deutlicheren Abnutzungsspuren gerechnet. So scheint mir die Haltbarkeit dahingehend sehr erfreulich, sollte aber bei so einem teuren Reifen auch zu erwarten sein. Auffällig allerdings: Die Farbe des hellen Classic-Skin-Looks, also die beige Tanwall, dunkelte recht zügig nach. Mittlerweile hat sie einen eher dunkel braunen, mit einem Touch rot versehenen Look angenommen.

FAZIT:

Der neue G-One R machte mir auf allen meinen Fahrten, dabei auch in schwierigeren Gelände, einen ganz hervorragenden Eindruck! Überragende Souplesse vereint mit einer zu jeder Zeit sehr guten Traktion machen den Reifen von Schwalbe für mich gerade zur ersten Wahl. Einfache, problemlose (Tubeless-)Montage, dazu noch eine hohe Pannensicherheit. All diese Attribute muss ein Gravelreifen für mich haben.

Der G-One R hat mir definitiv bewiesen, dass er alle meine Anforderungen erfüllt. Erst in Extremsituationen kommt er merklich an seine Grenzen. Dafür, dass Schwalbe sagt, „geeignet für leichtes Gelände“ bin ich daher positiv überrascht, wie gut er sich unterm Strich auf wesentlich übleren Untergrund geschlagen hat.

Erfreulich ist auch der geringe Verschleiß des Profils, dafür muß man aber mit raschem nachlassen der Farbe bei der Skinwall rechnen. Wem das nicht weiter stört, der kann dieses kleine optische Manko vernachlässigen.

Für den feucht-matschigen Winter nehme ich zwar wieder den gröberen Ultrabite, aber für ein Dreiviertel des Jahres ist der G-One R für mich die neue Referenz unter den Gravel-Reifen! Der Satz ist übrigens mit Bedacht gewählt und nicht einfach nur dahin gekritzelt! Kleiner Wermutstropfen: Der recht hohe Preis von rund 70€ UVP und bisher nur in einer Größe verfügbar!

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Mehr Infos findet ihr HIER auf der Homepage von Schwalbe

Technische Daten

 - Größe: ETRTO 40-622 (28 Zoll)
 - Typ: Folding
 - Compound: Addix Race
 - Ausführung: Super Race, V-Guard
 - Farbe: Transparent-Skin
 - Seal: TLE
 - Gewicht: 480 g
 - Druck: 0.0-4.5 Bar (0-65 psi)
 - Maximallast: 70 kg
 - Profil: HS610
 - Preis: 69,90 €
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5 Comments

  • Konrad Weyhmann

    Na prima, dass Du Dich mit Tubeless versöhnt hast. Ich denke, die Konzeption des Schlappens trifft auf einen breiten „Gravel-Nerv“. Wie Du schreibst, scheint er zu halten, was Schwalbe verspricht und und in puncto Geländetauglichkeit und Grip sogar darüber hinaus. Bei meinen Fahrweisen / Bedürfnissen könnte er – umgekehrt wie bei Dir – das Winterviertel erfüllen. I will check. Danke für den Bericht!

  • Dennis

    Danke für den Bericht!
    Ist bei mir definitiv in der engeren Auswahl als nächster Reifen. Preis ist leider relativ hoch.

    Dass die Seitenwand nachdunkelt ist für mich sogar ein Pluspunkt – gefällt mir optisch besser.

    • bikingtom

      Gerne doch. Den Reifen gibt es tatsächlich schon ab rund 55€ zu finden. Kein Schnäppchen, aber tatsächlich ist er es wert! VG, Tom

  • Philipp

    Schöner Test, danke dafür! Ich hätte mich allerdings noch über einen kurzen Satz zur tatsächlichen Breite des Reifens auf Felge XXX gefreut.

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