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Radfahren in Seattle, USA

Seattle. Ja, tatsächlich. Die Großstadt, die im ziemlichen Nordwesten der USA liegt, war nun eines meiner Ziele zum Radfahren. Die Chance musste ich einfach ergreifen. Deshalb hatte ich mich natürlich im Vorfeld schlau gemacht, woher ich denn hier ein vernünftiges Fahrrad bekommen könnte. Fündig wurde ich bei PEDALANYWHERE. Man kann hier verschiedene Bikes mieten, die dann entweder sogar zum Hotel geliefert, oder aber auch selber im Laden abgeholt werden können. Eine prima Sache, wie ich finde. Und faire Preise noch dazu. 

 

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Unscheinbarer Laden, aber sehr schöne Wandbemalung!

 

Der Laden eher klein und unscheinbar, aber die Leute dort sehr nett. Fahrrad-Freaks dazu. Das passte mir gut. Genau wie das Rad an sich, das ich mir ausleihen konnte. Ein FUJI Sportif 2.1 sollte es sein. Ausgestattet mit der SHIMANO Sora-Gruppe und einer sehr harten OVAL CONCEPTS 300-Sattelstütze. Kein wirkliches High-End-Fahrrad, aber trotzdem ein wunderbares Rad, um eine ordentliche und vernünftige Radtour zu machen. 

 

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An der Elliot Bay.

 

Los ging es zunächst vom Laden hinunter zur Elliot Bay. Ja genau. Hinunter. Denn Seattle ist auch nicht gerade flach und erinnert teilweise stark an die Gegebenheiten San Franciscos mit teilweise manchmal steilen Anstiegen. Doch ich rollte zunächst ganz genüßlich hinunter zum Olympic Sculpture Park um auf den Elliot Bay-Trail zu gelangen. Der schlängelt sich mit einigen Windungen durch die Gegend und bietet immer wieder schöne Aussichten auf die Bay. Ins Auge sticht auch die ins Wasser hineinragende Grain Facility. Hier werden Schiffe mit dem Korn beladen, welches von großen LKWs zu den riesigen Silos gebracht wird.

 

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Wo zunächst noch der berühmte Maschendrahtzaun die freie Sicht behinderte…

 

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…ging es kurz darauf schon auf Tuchfühlung mit den großen amerikanischen Loks.

 

Unmittelbar nach dem Park kam ich dann im Grunde direkt auf oder über – das ist Ansichtssache – einem Güterbahnhof, dem sogenannten „Balmer Yard“. Links und rechts waren zunächst noch eiserne Maschendrahtzäune hochgezogen, bevor ich dann plötzlich unmittelbar vor riesigen Loks und diversen Eisenbahnwagons stand! Ohne Zaun dazwischen. Das Gelände, das rund 320.000 Quadratmeter groß ist, bot natürlich zahlreiche Foto-Stopps! Das hier der Radweg einfach so durchführt, war zunächst etwas irritierend, aber dafür wesentlich interessanter! Wo kann man sonst einmal diese amerikanischen Loks so dermaßen aus der Nähe bestaunen, wenn es nicht gerade ein Museum ist?

 

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Schleuser am Werk 😉

 

Danach ging es entlang einer Straße mit angrenzendem Radweg. Genauso miserabel wie bei uns in Deutschland. Zum Glück war mein Weg nicht sehr lang an dieser Straße, da bot sich mir schon ein weiteres Highlight. Das hatte ich aber so nicht auf dem Plan gehabt. Die „Hiram M. Chittenden Locks“ oder auch einfach „Ballard Locks“ genannt, haben mehr Schleusenverkehr von Schiffen als jede andere Schleuse in den USA! So ganz kann ich das ja nicht glauben, das sah für mich sehr ruhig dort aus. Jedoch waren dort bemerkenswert viele Touristen um sich diese altehrwürdige Schleuse von 1912 samt den dazugehörigen Fischtreppen anzuschauen. Man höre und staune: mit dem direkt angrenzenden botanischen Garten werden hier jedes Jahr über 1 Millionen Besucher gezählt! Man stelle sich mal so einen Menschenauflauf an der Schleuse am Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen vor! Der Kaisergarten ist ja auch nicht weit! Das finde ich also wirklich erstaunlich. 

 

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Hinterhof-Idylle am Burke-Gilman-Trail.

 

Ein Stück hinter den Werften und Fabriken am Lake Washington Ship Canal entlang suchte ich dann den Einstieg in den Burke-Gilman-Trail! Den zu finden war nicht schwer und führte direkt durch eine typisch amerikanische Industrie-Hinterhof-Landschaft. Etwas schmuddelig, irgendwie, aber nach kurzer Zeit doch ziemlich attraktiv. Denn ich war beileibe nicht alleine unterwegs. Dort waren einige Radfahrer anzutreffen. Verständlich, denn ich würde hier auch immer mit dem Rad zur Arbeit fahren! Der ganze Trail erstreckt sich übrigens über sagenhafte 43 Kilometer. Zunächst am Kanal entlang, dann nördlich des Lake Washington, wo er bei Bothell als Sammamish River Trail weitergeführt wird.

 

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Der Gas Works Park.

 

Doch ich fuhr zunächst mit dem Fahrrad zum „Gas Works Park“. Dieser Park ist auf dem Gelände der ehemaligen Seattle Gas Light Company entstanden und bietet einen tollen Blick auf den Lake Union sowie die Stadt Seattle mit der berühmten „Space Needle“. In dem Park sind die einzigen Reste einer Kohlevergasungsanlage in den USA zu bestaunen. Es sieht schon etwas merkwürdig aus und manche sagen auch, dies wäre der seltsamste Park in Seattle. Ich fand das aber sehr schön dort, gerade wegen der Aussicht. Außerdem ist hier das Ende der „Solstice Radfahrer“ und ihrem „World Naked Bike Ride“! 

 

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Vom Gas Works Park hat man einen coolen Ausblick auf Seattle!

 

Und schwups, unterquerte ich auch schon die Interstate 5 und kam zum riesigen Komplex der Universität von Washington. Hier wurde gerade alles fein herausgeputzt und sah sehr schick aus. Kein Wunder, gehört die im Jahre 1861 gegründete Universität zu den staatlich allerbesten in den USA und zählt zu der sogenannten „Public Ivy-League“, der Elite. Weltweit herausragend in Medizin, Informatik und Ingenieurwissenschaften! Keine Überraschung das das Stiftungsvermögen sehr hoch ist: unfassbare 2,2 Milliarden Dollar! So gehört die Universität zu den reichsten Hochschulen überhaupt. Wahnsinn. Davon kann man daheim nur träumen! Das die Uni übrigens auch ein eigenes Stadion hat, muss ich da ja wohl nicht mehr erwähnen. Die Washington Huskies sind in zahlreichen Sportarten vertreten. 

 

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The Wall Of Death, eine Kunstinstallation. Kennt das noch jemand, wo Motorräder in dieser Rotunde waghalsige Runden drehten?

 

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Das Stadion der Universität Washington und den Sportteams der „Huskies“!

 

Staunend ging es weiter für mich. Der Trail war tadellos zu fahren. Viele Schilder am Wegesrand wiesen auf gegenseitige Rücksichtnahme von Fußgängern und Radfahrern hin. Das fand ich gut gemacht. Weniger schön waren die schon fast überall penetrant herumstehenden Leihfahrräder von Lime-Bike & Co. Kreuz und quer, irgendwie und irgendwo abgestellt, standen oder lagen sie überall in der Gegend herum. Teilweise dort abgestellt, wo kein Normalsterblicher jemals ein Fahrrad abstellen würde.  Das war mir schon seit Beginn der Radtour aufgefallen. Massen an Mietfahrrädern, die die gesamte Stadt überschwemmt haben. Darunter auch unzählige E-Bikes, die es bei uns zum Beispiel ( noch ) gar nicht so zu leihen gibt! Für mich schon eine Verschandelung der Umwelt und einfach zu viel des Guten! Da hatte ich direkt die Bilder aus China im Kopf, wo ganze Halden an Schrott-Leihrädern entstanden sind! Das wird hier auch unweigerlich mal passieren wenn das so weitergeht. Seattle sollte da besser aufpassen!

 

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Noch stehend, oftmals auch liegend gesehen. E-Bike der Firma Lime-Bike. Massenhaft in Seattle anzutreffen.

 

Es ging nun nordwärts, entlang des Lake Washington. Theoretisch fuhr ich mit dem Rad relativ nah am Wasser vorbei. Doch sehen konnte ich nicht viel. Entweder waren Bäume im Weg oder die besser situierten Häuschen versperrten die Sicht. So konnte ich nur hin und wieder einen Blick auf den schönen See erhaschen. In der Ferne landeten auch Wasserflugzeuge darauf, ich konnte die kleinen Propellermaschinen schon von weitem kommen hören. Und bald darauf fuhr ich auch an dem Gelände des Betreibers der kleinen Fluglinie vorbei. 

 

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Lake Washington lässt sich mal kurz blicken.

 

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Sehr schönes Mural am Sammamish River-Trail.

 

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Entlang am Sammamish River-Trail.

 

In dem Örtchen Kenmore machte ich beim Goldenen M eine Pause. Gerade weil es da freies WLAN gab und die Möglichkeit das Smartphone aufzuladen. Optimal also. Zumindest aus diesen Gründen. Eine halbe Stunde später war ich auch schon wieder im Sattel. Es war verdammt warm geworden. Ich radelte entlang des Sammamish River-Trail. Hier wurde es nach der Durchfahrt des Örtchens mal so richtig schön, trotz doch recht vertrockneter Wiesen rechts und links des Weges. In geschwungenen Linien führte der Radweg entlang des Rivers. Zu meiner linken gab es oft hohe Pappeln zu bestaunen oder schön hergerichtete Rastplätze. Diese idyllische Landschaft erinnerte mich stark an die französischen Kanäle. Irgendwie hatte ich das bei meinen letzten Radtouren schon öfters. Aber egal.

 

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Was für ein Klo-Häuschen.

 

Die Gegend war wirklich schön. Und sogar ein Toilettenhäuschen, direkt am Radweg gelegen, war hübsch hergerichtet! In Weiß getünchte Mauern und an den Ecken baumelten prächtige Blumenampeln! Und auch von innen war alles gut in Schuss. Hier wird sich anscheinend um solche Dinge noch gekümmert. Prima.

Nicht weit lag nun der Hauptsitz der Softwareschmiede Microsoft. Bis Redmond war es keine große Distanz mehr. Aber bis dahin hatte ich noch ein paar Höhenmeter zu bezwingen. Denn als ich den Sammamish River-Trail verlassen musste, stand ich im wahrsten Sinne des Worte wie der Ochs vorm Berg. Denn den musste ich erst noch hochfahren. Im Grunde nur ein Hügel, aber bei den heißen Temperaturen kräftezehrend und schweißtreibend. Als ich oben war, war ich klatschnass und musste erst einmal Luft holen. Und wie ich das so stand, sah ich auch schon das dezente Logo von Microsoft. Ein kurzes Foto und weiter ging die heiße Fahrt. Der Fahrtwind war wenigstens erfrischend und kühlte mein erhitztes Haupt unter dem Helm.

 

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Der weitere Weg verlief immer in der Nähe der SR520.

 

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Am Headquarter von Microsoft in Redmond.

 

Mein ständiger Begleiter wurde nun die SR-520, eine Autobahn, die direkt neben dem Trail verläuft. Mal gut zu sehen, manchmal aber auch gut hinter Schallschutzwänden versteckt. Deshalb war dieses Stück auch gut mit dem Rad zu fahren, meistens sogar bergab. Hier konnte ich viele Radfahrer sehen, die ebenfalls dieses Teilstück hinuntersausten in Richtung Bellevue. Um von dort wieder hinüber nach Seattle zu gelangen musste ich die „Evergreen Point Floating Bridge“ überqueren. Das kam einer kleinen Abfahrt gleich. Neben mir die Autobahn, die viel Verkehr aufwies und als Alternative diese herrlich breite Radspur. Schön abgeschirmt von den Autos. Unterwegs Sitzgelegenheiten um auf den Lake Washington zu schauen. Das war sehr schön angelegt wie ich fand. Schautafeln zeigten Fotos aus alten Zeiten und wie das Leben hier am Wasser früher war. Kurz gesagt, die Brücke war also nicht so klein wie der ein oder andere jetzt gedacht haben mag. 

 

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Abfahrt hinunter zur Brücke. Das war super.

 

 

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Ausblick von der Brücke auf die Häuser am Lake Washington.

 

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Solche Info-Tafeln boten einem ein paar interessante Informationen.

 

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Sogar eine Zählstelle gibt es auf dieser Brücke!

 

Danach musste ich leider wieder ein paar (Neben)Straßen in Anspruch nehmen. Doch die waren besser mit dem Fahrrad zu befahren als gedacht. Trotz des bereits einsetzenden Feierabendverkehrs. Einziges Manko war der plötzlich sehr steile Anstieg der 11th Avenue in East Lake. Absteigen und schieben? Nein Danke, das ist für mich keine Option. Also die paar Meter raufgequält und dann war auch schon wieder alles gut. 

Ein weiteres Highlight befand sich nun direkt unter der Interstate 5, der „I-5 Colonnade Mountain Bike Park“. Ganz genau! Dieser urbane Bike-Park bietet der hiesigen Szene auf dem riesigen Areal unterhalb der Autobahn, direkt am Hang gelegen, eine tolle Möglichkeit sich nach allen Regeln der Kunst auszutoben. Unterschiedliche Rampen und Abfahrten bieten den Mountain Bike-Fahrern zahlreicher Möglichkeiten für die unterschiedlichsten Level.

 

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Riesiges Areal unterhalb der Interstate 5 für Mountain-Biker!

 

Die Temperaturen waren immer noch weit über der 30 Grad-Marke und mein Getränkevorrat war bereits vor einigen Kilometern zur Neige gegangen. Da kam mir der neu gestaltete Lake Union-Park gerade recht. Übrigens genau auf der anderen Seite des Gas Work Parks gelegen. Hier gibt es das im schönen„Naval Reserve Armory Building“ untergebrachte „Museum of History & Industry“ zu bestaunen, im Park kann anscheinend die Jugend von den kleinen Brücken ins kalte Wasser springen und – ganz wichtig für mich – es gibt Trinkwasserbrunnen! Einen davon muss ich gefühlt leer getrunken haben. Zumindest konnte ich meinen Durst etwas stillen.

 

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Das Naval Reserve Armory-Building am Lake Union Park.

 

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Auch historische Schiffe gibt es dort zu sehen.

 

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Trinkwasser! Ganz wichtig bei der Hitze!

 

Jetzt war es auch nicht mehr weit. Dafür noch einmal über gut befahrene Straßen der Großstadt, aber wenigstens auf breiten, markierten Radspuren. Hier kamen sich Auto- und Radfahrer nicht wirklich gegenseitig ins Gehege. Ich fühlte mich da ganz gut aufgehoben. Und eh ich mich versah, stand ich dann nach ein paar flacheren Anstiegen wieder vor dem Laden von PEDALANYWHERE. Es war ein gelungener Rad-Tag gewesen, der mir viele Eindrücke verschafft hat. Das die Strecke so gut mit dem Fahrrad zu befahren war, hätte ich nicht unbedingt gedacht. Für eine Großstadt sehr respektabel. Natürlich mit dem vielen Grün ringsherum mit ein paar Vorteilen gesegnet. Wer also mal die Möglichkeit hat und diese Stadt mit dem Rad erkunden möchte, der solle sich mal diese Radtour anschauen oder einfach mal drauflos fahren. Die Rücksichtnahme der Autofahrer ist bemerkenswert!

 

Hier geht’s zur TOUREN-Seite USA

 

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Die letzten Meter über die Straßen der Großstadt von Seattle.

 

 

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Das Nachher-Foto. Das Grinsen spricht Bände.
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